Altersarmut
Ratgeber zur ➡️ Altersarmut
Immer mehr ältere Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht – trotz eines langen Arbeitslebens.
Laut dem Statistischen Bundesamt (2024) beziehen 1,3 Millionen Rentner Grundsicherung im Alter, Tendenz steigend. Die Armutsgefährdungsquote für Menschen über 65 Jahren liegt bei 19,5 % – das heißt: Fast jeder Fünfte lebt mit weniger als 60 % des mittleren Einkommens.
Besonders betroffen sind Frauen, Alleinlebende und Menschen mit gebrochener Erwerbsbiografie.
Altersarmut ist längst kein Randphänomen mehr, sondern betrifft die Mitte der Gesellschaft. Sie gefährdet nicht nur die finanzielle Sicherheit, sondern auch die Würde, Teilhabe und Gesundheit älterer Menschen.
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„Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht.“
– Gustav Heinemann, ehemaliger Bundespräsident
Ursachen von Altersarmut
Altersarmut entsteht oft nicht plötzlich, sondern ist das Ergebnis struktureller Ungleichheiten über ein ganzes Erwerbsleben hinweg. Niedriglöhne, Teilzeitarbeit, befristete Jobs oder Phasen ohne Erwerbstätigkeit (etwa wegen Kinderbetreuung oder Pflege) führen dazu, dass viele Menschen nur geringe Rentenansprüche aufbauen. Ein weiteres Problem: Viele unterschätzen den eigenen Vorsorgebedarf und verlassen sich allein auf die gesetzliche Rente – die jedoch für ein auskömmliches Leben im Alter oft nicht reicht. Altersarmut ist damit nicht nur eine individuelle, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung.
Wer ist besonders betroffen
Bestimmte Gruppen tragen ein erhöhtes Risiko, im Alter arm zu sein. Besonders betroffen sind Frauen, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Auch Selbstständige, die nie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, tragen ein hohes Risiko. Menschen mit Migrationshintergrund, die spät ins deutsche Rentensystem eingetreten sind oder in prekären Jobs arbeiten, sind gefährdet. Langzeitarbeitslose und Menschen mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen, die nicht durchgehend arbeiten konnten, sind ebenfalls überdurchschnittlich betroffen.
Zunehmend trifft Altersarmut auch Rentner, die trotz jahrzehntelanger Berufstätigkeit nicht über eine Grundsicherung hinauskommen. Besonders problematisch wird es für Alleinlebende, die hohe Wohnkosten tragen müssen. Die Kombination aus niedrigem Einkommen, fehlender privater Vorsorge und steigenden Lebenshaltungskosten erhöht das Risiko, im Alter auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein.
Was bedeutet Altersarmut konkret
Altersarmut zeigt sich nicht nur im Kontostand, sondern beeinflusst den gesamten Lebensalltag. Betroffene können sich oft keine angemessene Wohnung leisten und müssen in schlecht isolierten oder kleinen Wohnungen leben. Freizeit, Kultur oder soziale Teilhabe bleiben aus Kostengründen auf der Strecke. Auch Gesundheit leidet: Arztbesuche, Medikamente oder notwendige Hilfsmittel werden hinausgezögert oder ganz vermieden. Viele können sich gesunde Ernährung nicht leisten, was wiederum Krankheiten begünstigt. Altersarmut bedeutet oft auch soziale Isolation, weil die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben durch fehlendes Geld und Mobilität eingeschränkt ist. Die psychische Belastung durch Scham oder Angst vor dem Monatsende ist erheblich – Altersarmut führt zu einem Leben in ständiger Unsicherheit.
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Wie entwickelt sich die Altersarmut in Deutschland
Die Zahl der von Altersarmut betroffenen Menschen nimmt in Deutschland seit Jahren zu. Statistiken zeigen: Immer mehr Rentnerinnen müssen auf die Grundsicherung im Alter zurückgreifen. Auch in der Mittelschicht wächst die Sorge, im Alter nicht genug zum Leben zu haben – besonders bei jüngeren Generationen, die von instabilen Arbeitsverhältnissen betroffen sind. Demografischer Wandel und eine alternde Bevölkerung verschärfen die Problematik: Immer weniger Erwerbstätige finanzieren immer mehr Rentner. Zugleich reichen die Renten oft nicht mehr aus, um steigende Mieten, Energiepreise und Gesundheitskosten zu decken. Prognosen deuten darauf hin, dass Altersarmut in Zukunft weiter zunehmen wird – sofern keine umfassenden Reformen greifen.
Private Vorsorge – ein Muss
Angesichts der unsicheren Rentenlage wird private Altersvorsorge immer wichtiger. Wer sich frühzeitig um zusätzliche Absicherung kümmert, kann später Versorgungslücken vermeiden. Dazu zählen private Rentenversicherungen, Betriebsrenten oder auch langfristige Geldanlagen wie Immobilien oder Fonds. Doch nicht jeder kann sich das leisten: Menschen mit niedrigem Einkommen fehlt oft der Spielraum für private Vorsorge. Auch die Riester-Rente, einst als Lösung propagiert, hat sich für viele als wenig rentabel oder unverständlich erwiesen. Dennoch bleibt das Thema zentral: Private Vorsorge kann helfen, das Armutsrisiko im Alter zu mindern – allerdings braucht es verbesserte Aufklärung, niedrigschwellige Angebote und stärkere staatliche Förderung, damit mehr Menschen überhaupt vorsorgen können.
Bedeutung von Wohnkosten im Alter
Die Wohnkosten gehören zu den größten Ausgaben im Ruhestand – und können im Alter schnell zur Armutsfalle werden. Besonders in Städten steigen Mieten und Nebenkosten kontinuierlich, während die Renten kaum Schritt halten. Viele ältere Menschen leben allein in Wohnungen, die sie sich eigentlich nicht mehr leisten können, wollen aber aus emotionalen oder praktischen Gründen nicht umziehen. Wer im Alter noch Miete zahlt und keine Immobilie besitzt, ist besonders gefährdet. Eine bezahlbare Wohnung kann im Alter entscheidend sein – nicht nur finanziell, sondern auch für Lebensqualität und Gesundheit. Deshalb ist sozialer Wohnungsbau, Förderung von barrierefreiem Wohnraum und Mietschutz ein zentraler Bestandteil der Bekämpfung von Altersarmut.
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Soziale Isolation und Scham
Armut im Alter geht oft mit sozialem Rückzug einher. Viele Betroffene empfinden Scham, wenn sie sich kein normales Leben mehr leisten können – etwa kein Geschenk für die Enkel oder kein Cafébesuch mit Freunden. Der Rückzug führt zu Einsamkeit, was wiederum die seelische und körperliche Gesundheit belastet. Hinzu kommt: Viele schämen sich, Grundsicherung zu beantragen, obwohl sie einen rechtlichen Anspruch darauf hätten. Aus Angst vor Stigmatisierung verzichten sie auf notwendige Hilfe. Diese verdeckte Armut ist ein großes Problem. Deshalb braucht es nicht nur finanzielle, sondern auch psychosoziale Unterstützung – etwa durch soziale Einrichtungen, Begegnungsorte und gezielte Informationskampagnen über bestehende Ansprüche.
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Welche staatlichen Hilfen gibt es
Menschen mit geringer Rente können Grundsicherung im Alter beantragen – eine Sozialleistung, die das Existenzminimum sichert. Auch Wohngeld, der „Härtefallfonds“ für bestimmte Rentengruppen oder die Befreiung von Rundfunkgebühren gehören zu möglichen Unterstützungen. Wer pflegebedürftig ist, hat Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung. Viele wissen jedoch nicht, welche Hilfen es gibt oder scheuen die Antragstellung wegen bürokratischer Hürden. Beratung durch Sozialverbände, Verbraucherzentralen oder kommunale Stellen kann helfen. Wichtig ist, dass Betroffene ihre Rechte kennen und wahrnehmen – und dass Politik und Verwaltung dafür sorgen, dass diese Hilfen leichter zugänglich, bekannter und mit weniger Stigmatisierung verbunden sind.
Was tut die Politik
Die Politik hat in den letzten Jahren einige Maßnahmen gegen Altersarmut eingeführt – darunter die Grundrente, die Menschen mit langjähriger Erwerbsbiografie einen Zuschlag zur Rente gewährt, auch wenn sie wenig verdient haben. Es gibt Verbesserungen bei der Mütterrente, Zuschüsse zur Betriebsrente und Projekte zum altersgerechten Wohnen. Dennoch reichen diese Maßnahmen vielen Experten nicht aus. Kritisiert wird, dass viele Regelungen kompliziert sind, zu wenig gezielte Unterstützung bei niedrigen Renten bieten oder bestimmte Gruppen – etwa Selbstständige – nicht ausreichend erfassen. Auch die gesetzliche Rente steht immer wieder im Fokus politischer Debatten: Soll sie gestärkt, flexibilisiert oder weiter durch private Vorsorge ergänzt werden? Klar ist: Altersarmut wird politisch noch zu wenig als gesamtgesellschaftliche Herausforderung wahrgenommen.
Welche Partei machen sich stark gegen Altersarmut
Wer sich bei der Wahl gegen Altersarmut engagieren möchte, sollte genau hinsehen, welche Parteien konkrete Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit im Alter vorschlagen. Parteien wie Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen setzen sich etwa für eine armutsfeste Mindestrente, eine solidarische Bürgerversicherung und höhere Renten für Menschen mit unterbrochener Erwerbsbiografie ein. Auch die SPD spricht sich für eine Stabilisierung des Rentenniveaus und eine gerechtere Finanzierung aus. Ein neuer Vorschlag, der zuletzt diskutiert wurde, ist der sogenannte „Boomer-Soli“ – eine Art Abgabe von besonders wohlhabenden Angehörigen der geburtenstarken Jahrgänge, um die Renten der nachfolgenden Generationen zu stabilisieren. Die Idee ist umstritten, zeigt aber: Die Finanzierung der Alterssicherung ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Wer gegen Altersarmut wählen will, sollte Programme unterstützen, die auf Verteilungsgerechtigkeit, Rentensolidarität und eine Stärkung des Sozialstaats setzen – nicht auf Privatisierung oder Kürzung.
Gesellschaftliche Verantwortung
Altersarmut ist nicht nur ein individuelles, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ein solidarisches Rentensystem, faire Arbeitsbedingungen und gerechte Bezahlung sind Grundlagen dafür, dass Menschen im Alter würdevoll leben können. Die Gesellschaft muss auch hinterfragen, wie sie mit älteren Menschen umgeht: Wird Alter wertgeschätzt? Wird genug getan, um soziale Teilhabe zu ermöglichen? Zivilgesellschaftliche Initiativen, Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement können helfen, die Auswirkungen von Altersarmut zu mildern. Doch echte Veränderung braucht politischen Willen, soziale Verantwortung und öffentliche Debatten. Nur so lässt sich ein Altern in Würde für alle ermöglichen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Lebensweg.
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Wenn du von Altersarmut betroffen bist
Ansprüche prüfen lassen – staatliche Hilfen nutzen
Viele Rentnerhaben Anspruch auf Grundsicherung im Alter, trauen sich aber nicht, sie zu beantragen oder wissen nichts davon. Wenn deine Rente nicht zum Leben reicht, solltest du beim Sozialamt einen Antrag stellen. Auch Wohngeld, Heizkostenzuschüsse, die Befreiung von Rundfunkgebühren (GEZ) und Zuschüsse zur Krankenversicherung sind möglich. Du kannst dich bei Sozialverbänden wie der Caritas, AWO, dem VdK oder Sozialdiensten deiner Stadt kostenlos beraten lassen.
Wohnkosten senken – Alternativen prüfen
Miete ist oft der größte Kostenblock. Falls deine Wohnung zu teuer oder zu groß ist, kann ein Umzug in eine kleinere oder öffentlich geförderte Wohnung (Sozialwohnung) helfen. Informiere dich über Wohngeldansprüche oder über Wohnprojekte mit gemeinschaftlichem Wohnen, z. B. Senioren-WGs. Manche Kommunen bieten auch barrierearme Wohnungen zu Sozialtarifen an.
Nebeneinkommen und Minijobs prüfen
Wenn es deine Gesundheit zulässt, kannst du mit einem Minijob (bis 538 € monatlich) deine Rente aufstocken. Viele Senioren arbeiten ein paar Stunden pro Woche – etwa als Babysitter, Haushaltshilfe, Gartenhilfe oder im Verkauf. Achte darauf, dass dein Einkommen korrekt bei der Grundsicherung angerechnet wird – es gibt Freibeträge, die dir erhalten bleiben.
Unentgeltliche Angebote nutzen
Viele Städte bieten kostenlose oder vergünstigte Angebote für Rentner: Mittagstische, Kleidung, Veranstaltungen, Sportkurse oder Mobilitätsdienste. Auch Tafeln und Kleiderkammern helfen schnell und diskret. Frag bei Kirchengemeinden, Nachbarschaftszentren oder Seniorenbeauftragten deiner Stadt nach lokalen Angeboten.
Psychosoziale Hilfe suchen – Isolation vermeiden
Armut führt oft zu Scham und Rückzug. Versuche trotzdem, den Kontakt zu anderen Menschen zu halten. Es gibt Seniorentreffs, Gesprächsgruppen oder Nachbarschaftshilfen, wo du willkommen bist – unabhängig vom Geldbeutel. Auch ehrenamtliche Besuchsdienste können helfen, wieder mehr Lebensfreude zu spüren.
Schulden nicht verschweigen – Hilfe holen
Wenn du Schulden hast, wende dich an eine Schuldnerberatung (z. B. bei der Caritas, Diakonie oder Verbraucherzentrale). Diese ist kostenlos und hilft dir, mit Gläubigern zu verhandeln oder einen Zahlungsplan aufzustellen. Wichtig: Nicht warten, bis Mahnungen und Inkassos kommen!
Rechte kennen – nicht schämen, sondern handeln
Armut im Alter ist kein persönliches Versagen, sondern häufig das Ergebnis gesellschaftlicher Ungleichheit. Du hast ein Recht auf Unterstützung. Lass dir helfen, deine Ansprüche durchzusetzen. Nutze kostenfreie Beratungen – z. B. durch den Sozialverband VdK, die Verbraucherzentrale oder lokale Rentenberatungen.
Erfahrungen teilen – anderen Mut machen
Wenn du magst, sprich mit anderen über deine Situation. Das kann entlastend sein und helfen, neue Wege zu finden. Es gibt auch Online-Foren, Selbsthilfegruppen oder soziale Medien, wo Menschen in ähnlicher Lage sich gegenseitig unterstützen. Gemeinsam ist man weniger allein.
Wenn du jemanden kennst, der in Altersarmut lebt
- Zuhören und ernst nehmen – emotionale Unterstützung ist genauso wichtig wie finanzielle
- Hilfe bei Anträgen anbieten – z. B. Grundsicherung, Wohngeld, GEZ-Befreiung
- Gemeinsam Beratungsstellen aufsuchen – etwa VdK, Caritas, Diakonie oder Sozialamt
- Beim Ausfüllen von Formularen helfen – viele scheitern an Bürokratie
- Lebensmittel gemeinsam bei der Tafel besorgen – das senkt die Hemmschwelle
- Günstige Angebote weitergeben – z. B. Mittagstische, Seniorenkarten, Kleiderkammern
- Kontakte vermitteln – zu Nachbarschaftshilfe, Kirchengemeinden oder Seniorenprojekten
- Gemeinsame Aktivitäten planen – Spaziergänge, Karten spielen, gemeinsames Kochen
- Isolation durchbrechen – regelmäßig anrufen oder besuchen
- Hilfreiche Infos ausdrucken – Checklisten, Telefonnummern, Broschüren
- Praktisch helfen – kleine Reparaturen, Einkäufe, Arztbesuche begleiten
- Diskret bleiben und nicht belehren – Unterstützung soll entlasten, nicht beschämen
Unser Wunsch
Alt werden sollte ein Geschenk sein – kein Risiko. Doch für viele Menschen bedeutet der Ruhestand heute vor allem eines: Verzicht. Verzicht auf Wärme, auf Mobilität, auf ein gutes Essen, auf Teilhabe am Leben. Altersarmut raubt nicht nur die finanzielle Freiheit, sondern oft auch das Gefühl, ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein. Es geht dabei nicht um Luxus, sondern um die Würde, die jeder Mensch verdient – bis zum letzten Tag.
Wir alle tragen Verantwortung: als Gesellschaft, als Politik, als Nachbarn, Familien und Freunde. Es braucht mutige Entscheidungen, gerechtere Strukturen und ein Umdenken, das das Alter nicht als Belastung, sondern als bereichernde Lebensphase versteht. Altersarmut darf nicht länger still und unsichtbar sein. Sie gehört in die Mitte unserer Aufmerksamkeit – nicht morgen, sondern heute. Denn ein Altern in Würde ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht.
Autorin: Jasmin, 16.07.25 - Artikel lizenziert unter CC BY-SA 4.0
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