Die Spitzenkandidatinnen der LINKS/KPÖ: links Adensamer, rechts Urbanic
@ KPÖ Wien

Wofür steht das Parteienbündnis ➡️ KPÖ/LINKS - Eine Analyse 

Bei der Wiener Landrat- und Gemeinderatswahl am 27. April 2025 treten auch die KPÖ und LINKS an – und zwar gemeinsam. Das Ziel des Bündnisses ist es, eine starke linke Opposition zu bilden und soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt der Wiener Stadtpolitik zu rücken. Gemeinsam wollen sie für eine sozialere Stadt werben - mit leistbaren Wohnraum, höheren Sozialleistungen und einer feministischen Stadtpolitik. Während die KPÖ über eine jahrzehntelange Parteistruktur und Erfahrung in der Wohnungspolitik verfügt, bringt LINKS eine aktivistische, basisdemokratische Ausrichtung mit, die sich stark auf Themen wie Klimagerechtigkeit und Feminismus konzentriert.

Ein entscheidender Grund für das Bündnis ist die Hoffnung, durch den Zusammenschluss die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Wiener Gemeinderat zu überwinden. Bei der Wahl 2020 scheiterten sowohl LINKS als auch die KPÖ Wien knapp daran. Zudem dient das Erfolgsmodell der KPÖ in Graz, wo sie mittlerweile die Bürgermeisterin stellt, als Vorbild. In der zweitgrößten Stadt Österreichs hatte man sich durch konsequente soziale Politik, den Einsatz für leistbares Wohnen und direkte Hilfe für finanziell Schwache zur stimmenstärksten Partei entwickelt. Durch die Zusammenarbeit von KPÖ und LINKS soll in Wien nun eine glaubwürdige Alternative zur etablierten SPÖ-Stadtregierung geschaffen werden.  

Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) wurde bereits 1918 gegründet und spielte vor allem in der Ersten Republik bis 1934 und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine Rolle. Nach 1945 verlor sie jedoch rasch an Bedeutung und erreichte bei Wahlen meist nur geringe Ergebnisse. Vor allem in den letzten Jahren ist sie durch Erfolge in Graz und Salzburg wieder verstärkt in den Fokus gerückt und versucht sich politisch links der SPÖ und den Grünen zu etablieren.

Die Partei LINKS ist dagegen eine sehr junge Partei. Gegründet wurde sie 2020 in Wien und versteht sich als linksradikale, basisdemokratische und aktivistische Bewegung. Sie entstand aus einem Bündnis verschiedener linker Gruppierungen, darunter viele Aktivisten, ehemaligen Mitgliedern der KPÖ oder der Jungen Grünen und anderen unabhängigen Linken beispielsweise aus dem Umfeld der Donnerstags-Demos oder dem Projekt "Aufbruch". Bei der Wahl 2020 konnte das Linksbündnis mit 2,1 % zwar nicht in den Gemeinderat einziehen, aber es wurden 23 Mandate in 15 Wiener Bezirksvertretungen erreicht. Diesmal will man die Werte verdoppeln. 

Die gemeinsame Liste wird von Barbara Urbanic (KPÖ) als Spitzenkandidatin angeführt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Angelika Adensamer und Anna Svec (beide LINKS). "Wichtig ist, dass es nach der Wahl im Gemeinderat eine lästige soziale Opposition gibt, die der Stadtregierung auf die Finger schaut und konsequent für billigere Mieten und ein leistbares Leben eintritt“, sagt KPÖ-Spitzenkandidatin Urbanic. Ähnlich der erfolgreichen Wahlkampfstrategie der deutschen Partei Die Linke sucht man den direkten Kontakt zu Bürgern. Dafür plant das Parteienbündnis, an 30.000 Wohnungstüren zu klopfen, um in persönlichen Gesprächen die Anliegen der Wiener zu erfahren und ihre politischen Lösungen vorzustellen. Aktuell steht man noch bei 4 % und muss um den Einzug in den Wiener Landtag kämpfen. 

 

Ein Sticker der KPÖ zu sozialem Wohnraum
Wiki | DimiTalen - gemeinfrei

Was fordern LINKS und KPÖ?

Das Parteienbündnis fordert ein Verbot prekärer Arbeitsverhältnisse, eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche und einen Mindestlohn von 1.950 € netto. Zudem plädiert es für ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.500 € für Menschen, die nicht arbeiten können oder wollen. Sozialleistungen sollen erhöht und der Wohlstand gerechter verteilt werden, um sozial benachteiligte Gruppen gezielt zu unterstützen.

Im Gesundheitsbereich strebt KPÖ/LINKS ein solidarisches, öffentliches Gesundheitssystem an, das allen Menschen unabhängig vom Einkommen zugänglich ist. Sie fordern eine Stärkung öffentlicher Spitäler und Gesundheitszentren sowie mehr Investitionen in die medizinische Versorgung. Dazu sollen 500 neue Kassenstellen geschaffen werden.

Ein weiterer zentraler Punkt bildet leistbares Wohnen und der Kampf gegen Wohnraumspekulation. Um sicherzustellen, dass Wohnraum für alle Wiener erschwinglich bleibt, sollen langfristig leerstehende Wohnungen vergesellschaftet und große Immobilienkonzerne enteignet werden, "die mit dem Menschenrecht und Grundbedürfnis Wohnen lange genug Profite gemacht haben." Befristete Mietverträge sollen abgeschafft und eine Schlichtungsstelle eingerichtet werden, die Mietpreise auf Überhöhungen prüft. 

KPÖ/LINKS setzt sich zudem für eine nachhaltige Mobilität ein, indem sie den öffentlichen Verkehr umweltfreundlicher und barrierefreier gestalten wollen; außerdem fordern sie den Ausbau von Radwegen, Elektroautos und grüner Infrastruktur. In der Energieversorgung streben sie eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien an, um Wien zur Vorreiterstadt der Energiewende zu machen. Besonders betonen sie den Ausbau von Solarenergie und die Förderung energiesparender Gebäude. Zudem werben sie für eine Grundsicherung im Energiebereich, damit alle Haushalte Zugang zu leistbarer Energie haben und vor Energiearmut geschützt werden.

Zur Gleichstellung der Geschlechter soll Lohntransparenz gefördert und Frauen in Führungspositionen stärker unterstützt werden. Sozialpolitische Maßnahmen wie höhere Mindestsicherungen sollen insbesondere Frauenarmut, insbesondere unter Alleinerziehenden und Seniorinnen, bekämpfen. Verbesserungen der Infrastruktur für Frauen, bessere Kinderbetreuung, Gleichstellung in der Pflegearbeit und sichere öffentliche Räume stehen ebenso im Fokus.

 

Eine Demo der KPÖ mit einem Banner für eine humane Asylpolitik
Wiki | Haeferl - Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0

Zum Thema Migration vertritt KPÖ/LINKS die Auffassung, dass Migration die Gesellschaft bereichern kann. Sie fordern bessere Integrationsmaßnahmen, einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und Mehrsprachigkeit in öffentlichen Einrichtungen. Integration soll als wechselseitiger Prozess verstanden werden. Schutzsuchende möchte man umfassend aufnehmen und in "dezentrale, gut ausgestattete Quartiere" unterbringen. 

Ein weiteres zentrales Anliegen ist Antidiskriminierung: KPÖ/LINKS fordert verstärkte antirassistische Bildung, den Schutz der Rechte von Migranten, eine bessere Integration von Geflüchteten und mehr Rechte für Nicht-EU-Bürger. Auch die Rechte der LGBTQIA+ Community sollen gestärkt und Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität konsequent bekämpft werden.

Beim Thema Demokratie setzen sie sich für ein Wahlrecht für alle Wiener unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft ein, sofern sie seit mindestens einem Jahr in der Stadt leben. Zudem fordern sie mehr Volksabstimmungen und eine stärkere Bürgerbeteiligung. Gleichzeitig kritisieren sie Korruption in der Politik und treten für mehr Transparenz und strengere Korruptionsbekämpfung ein.

Im Bildungsbereich setzen sie auf Chancengleichheit, unabhängig von sozialer oder ethnischer Herkunft. Bildung soll von der frühen Kindheit bis zur Universität kostenfrei sein, Ganztagsschulen ausgebaut und interkulturelle Bildung sowie Sprachförderung gestärkt werden. Zudem möchte man freien Eintritt in Museen, Theater und andere Kulturstätten durchsetzen, um "ein Kulturprogramm zu schaffen, das allen offensteht und leistbar ist".

Sicherheit wird nicht nur über Polizei und Strafrecht definiert, sondern als Schaffung einer solidarischen Gesellschaft verstanden. KPÖ/LINKS fordert eine soziale Sicherheitspolitik, die Armut bekämpft, Chancengleichheit fördert und Deeskalation statt Repression in den Vordergrund stellt. Zudem fordert man eine unabhängige Ermittlungsstelle für Betroffene von Polizeigewalt und Racial Profiling und eine Einschränkung von polizeilichen Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen. 

 

Eine Statistik zur Armut in Österreich nach Bundesländern
Statista 2023

Warum braucht es eine linke Alternative in Wien?

Die KPÖ Wien und LINKS haben es bislang schwer, in Wien politisch Fuß zu fassen. Das liegt vor allem daran, dass die SPÖ als dominante soziale Kraft viele linke Kernthemen bereits besetzt. Viele linke Wähler identifizieren sich mit der sozialdemokratischen Tradition und sind zufrieden mit der politischen Bilanz der SPÖ-Regierung. Zudem könnte der erwartete Stimmenzuwachs der FPÖ dieses Jahr viele dazu bewegen, die SPÖ als Gegengewicht zu unterstützen.

Doch obwohl die SPÖ seit Jahrzehnten die Stadt regiert, bleiben zentrale soziale Probleme ungelöst oder werden nur halbherzig angegangen. Ein besonders drängendes Thema ist der Wohnungsmarkt: Während die Stadt Wien rund 220.000 Gemeindewohnungen besitzt und verwaltet, sind die Mieten im privaten Sektor in den letzten Jahren massiv gestiegen. Laut einer Analyse der Arbeiterkammer Wien sind die privaten Mieten zwischen 2008 und 2020 um 50 % gestiegen, während die Löhne im gleichen Zeitraum deutlich langsamer wuchsen. Besonders betroffen sind junge Menschen, Alleinerziehende und sozial schwächere Haushalte, die oft einen großen Anteil ihres Einkommens für Miete aufwenden müssen. Zudem sinkt der Anteil der Gemeindebauwohnungen zunehmend, sodass sich auch da ein Engpass abzeichnet. 

Auch in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik bleibt die SPÖ oftmals hinter den Erwartungen zurück. Die Stadt bietet zwar Programme zur Armutsbekämpfung und Arbeitsmarktintegration an, diese sind oft nicht ausreichend finanziert oder erreichen nicht alle Betroffenen. Die Zahl der armutsgefährdeten Personen in Wien lag 2023 bei 408.000 Menschen, was 21 % der Wiener Bevölkerung entspricht. Besonders betroffen sind Menschen mit prekären Arbeitsverhältnissen, Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende. 

Ein weiteres Thema ist die Klimapolitik. Zwar präsentiert sich Wien als Vorreiter in Sachen Klimaschutz, doch in vielen Bereichen bleiben die Maßnahmen unzureichend. Während der motorisierte Individualverkehr noch immer einen hohen Anteil an der CO₂-Belastung hat, hinkt der Ausbau des Radwegenetzes hinterher. Laut einer Studie von 2020 entfallen in Wien nur etwa 7 % der Wege auf das Fahrrad, während es in Städten wie Kopenhagen über 30 % sind. 

Die KPÖ Wien und LINKS werben für eine konsequentere Sozialpolitik ohne pragmatische Kompromisse, insbesondere in der Wohnpolitik, bei der Umverteilung und im Kampf gegen soziale Ungleichheit. Denn während die SPÖ viele linke Themen besetzt, bewegt sie sich oft in Richtung Mitte, um regierungsfähig zu bleiben. Das führt mitunter zu Eingeständnissen in der Sozial- und Klimapolitik. So etwa durch den Verkauf städtischer Grundstücke an private Investoren statt für sozialen Wohnbau oder die zögerliche Erhöhung der Mindestsicherung nach früheren Kürzungen. Auch in der Umweltpolitik zeigt sich Pragmatismus, etwa durch die langjährige Unterstützung des Lobautunnels und die weiterhin starke Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bei der stadteigenen Wien Energie. 

Eine starke linke Opposition ist, laut KPÖ/LINKS, wichtig und notwendig, um sozialen Druck auszuüben und sicherzustellen, dass soziale Gerechtigkeit nicht nur ein Wahlversprechen der SPÖ bleibt. Angesichts steigender Mieten, wachsender Ungleichheit und des drohenden Erstarkens der FPÖ brauche es eine politische Kraft in Wien, die sich kompromisslos für leistbares Wohnen, höhere Löhne und eine gerechte Verteilung von Ressourcen einsetzt. Wenn die KPÖ überraschend in den Gemeinderat einzieht, müsste Bürgermeister Ludwig wahrscheinlich eine Dreierkoalition mit NEOS und ÖVP oder Die Grünen eingehen.

Ergebnis der Bezirksvertretungswahl 2025 - KPÖ/LINKS hat in JEDEM Bezirk mindestens 1 Sitz. 

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Autor: Maximilian Stark 27.03.25, lizenziert unter CC BY-SA 4.0

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