Berühmte Pazifisten

Die verbogene Pistole vom Künstler Fredrik Reuterswärd in Malmö
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➡️ Berühmte Pazifisten - Vordenker für Frieden und gewaltfreie Konfliktlösung

Laut dem Global Peace Index 2024 leben aktuell über 2 Milliarden Menschen in Konfliktgebieten – das entspricht etwa einem Viertel der Weltbevölkerung. Die Zahl der bewaffneten Konflikte ist so hoch wie seit 1945 nicht mehr.

In Ländern wie Sudan, Gaza, Jemen, Myanmar oder Ukraine sterben Hunderttausende Menschen, während Millionen fliehen müssen oder unter Hunger und Zerstörung leiden. Besonders betroffen sind vulnerable Gruppen wie Frauen, Kinder und ethnische Minderheiten. Allein im Tigray-Krieg in Äthiopien kamen 600.000 Menschen ums Leben – es war der tödlichste Krieg des 21. Jahrhunderts.

➡️ Pazifismus ist ein Gegenentwurf zu dieser Spirale aus Hass, Gewalt und Vergeltung. Denn man beruft sich auf gewaltfreie Mittel wie Diplomatie, Gewaltfreiheit, Dialog, zivile Konfliktlösung und internationale Zusammenarbeit. Er stellt nicht nur die Frage nach der Moral des Krieges, sondern auch nach seiner Effektivität: Studien von Chenoweth & Stephan belegen, dass gewaltfreie Bewegungen fünfmal häufiger zu einem stabilen und demokratischen Wandel führen als bewaffnete Aufstände. Trotzdem fließen jährlich weltweit über 2,2 Billionen US-Dollar in Rüstungsausgaben – mehr als das 12-fache des weltweiten Entwicklungsbudgets.

In Zeiten zunehmenden Populismus, in denen autokratische Führer mit Nationalismus, Angst und Feindbildern Politik machen, erinnern Pazifisten daran, dass Menschlichkeit, Verständigung und Gerechtigkeit die wahren Grundlagen eines stabilen Zusammenlebens sind. Populistische Narrative schüren dagegen oft Gewaltbereitschaft, Rassismus und Militarismus – besonders in sozialen Medien. Der Pazifismus stellt dem ein menschenrechtsbasiertes Weltbild entgegen und fordert statt Konfrontation echte globale Verantwortung.

Auch im Kontext des Klimawandels ist der Pazifismus zentral: 14 der 25 Länder, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, sind gleichzeitig von Konflikten betroffen. Zudem sind Armeen und Kriege massive Emittenten von CO₂ – bis zu 6 % der globalen Emissionen – und werden dabei von internationalen Klimaberichten ignoriert.

Hervorzuheben sind auch unsere umfangreichen Kategorien zu ➡️ Vorbildern des Friedens oder der Menschenrechte. Auf unserer englischen Partnerseite Better World Info finden sich viele Beträge zu berühmten Persönlichkeiten aus den Bereichen Peace, Human Rights oder Social Justice.

Portraits von W.E.B.DuBois, M.L.King, N.Mandela, W.Maathai, R.Parks und S.Truth
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Wer war prägend für den Pazifismus weltweit?

Zu den international bekanntesten Pazifisten zählt Mahatma Gandhi (1869–1948). Er war stark beeinflusst vom russischen Schriftsteller Leo Tolstoi und dessen Schriften über gewaltlosen Widerstand und christlichen Pazifismus, insbesondere durch sein Werk "The Kingdom of God is Within You". Gandhis Philosophie des „Satyagraha“ – der Kraft der Wahrheit und Gewaltlosigkeit – hat Tolstois gewaltfreien Moral als Grundlage. Er führte Indien durch gewaltlosen Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft zur Unabhängigkeit.

Ein weiteres Symbol für gewaltfreien Protest war Martin Luther King Jr. (1929–1968), der als Führer der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung 1964 den Friedensnobelpreis erhielt. Er kämpfte für die Gleichberechtigung Schwarzer Menschen in den USA – stets unter Berufung auf Gandhis Lehren. Auch Nelson Mandela, obwohl anfangs nicht konsequent pazifistisch, entwickelte sich später zu einem starken Vertreter der Versöhnung und der friedlichen politischen Transformation Südafrikas nach der Apartheid.

Eine zentrale Figur in der globalen Friedensbewegung war auch Bertha von Suttner (1843–1914) aus Österreich. Ihr Roman Die Waffen nieder! (1889) war ein Bestseller und ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Krieg. Sie war die erste Frau, die 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde – und hatte maßgeblichen Einfluss auf Alfred Nobel bei der Stiftung des Preises. Auch Bart de Ligt und Ernst Friedrich prägten den Pazifismus dieser Zeit durch ihr Engagement für gewaltfreien Widerstand und ihre kritischen Arbeiten über die Ursachen von Krieg und Militarismus, wobei de Ligt besonders den christlichen Pazifismus und Friedrich die humanitäre Kriegsgegnerbewegung in Deutschland durch Schriften wie Krieg dem Kriege (1924) vorantrieben.

Auch Dorothy Day (USA), Jane Addams (USA, Friedensnobelpreis 1931), Malala Yousafzai (Pakistan, Friedensnobelpreis 2014) und der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh (Vietnam) gehören zu den bedeutenden Stimmen des gewaltfreien Widerstands. Sie vereint der Glaube, dass echter Frieden nur durch Empathie, Bildung, soziale Gerechtigkeit und aktiven Verzicht auf Gewalt erreicht werden kann.

Ostermarsch in Hof (Saale) am 08.04.2023 mit mehreren Menschen und einem Friedensbanner
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Pazifismus in Deutschland

Die Gesichte des deutschen Pazifismus

Der Pazifismus in Deutschland hat eine lange und wechselhafte Geschichte, die eng mit den politischen Umbrüchen des Landes verbunden ist. Schon im 19. Jahrhundert formierten sich erste pazifistische Bewegungen, etwa im Umfeld der Friedensgesellschaften, die sich gegen die Militarisierung Europas und für internationale Schiedsgerichte einsetzten. 1892 wurde die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) gegründet – sie gilt als die älteste pazifistische Organisation Deutschlands und hatte vor dem Ersten Weltkrieg rund 10.000 Mitglieder.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914–1918) geriet der Pazifismus in eine schwere Krise. Die Mehrheit der Bevölkerung begrüßte den Krieg, und Pazifisten wurden als „Vaterlandsverräter“ diffamiert. Dennoch hielten Persönlichkeiten wie Kurt Tucholsky oder Rosa Luxemburg an ihrer Kritik fest. Carl von Ossietzky (1889–1938) ein bedeutender Pazifist, Journalist und Kritiker der Aufrüstung in der Weimarer Republik. Er wurde später für seine pazifistische Aufklärungsarbeit mit dem Friedensnobelpreis 1935 ausgezeichnet – allerdings in Abwesenheit, da er in Nazi-Haft saß.

Der weltberühmte Physiker Albert Einstein (1879–1955) war überzeugter Pazifist – besonders nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs. In dieser Zeit wurde Deutschland Mitglied des Völkerbundes (1926) – ein Signal für internationale Zusammenarbeit. Einstein warnte vor Nationalismus und Krieg, engagierte sich gegen Atomwaffen und war Mitgründer der Internationalen Liga für Menschenrechte. Nach dem Zweiten Weltkrieg äußerte er allerdings auch ambivalente Ansichten zur Notwendigkeit des Krieges gegen das NS-Regime.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde pazifistisches Denken gnadenlos unterdrückt. Organisationen wurden verboten, Aktivisten verfolgt, verhaftet oder ermordet. Pazifismus galt als „undeutsch“ und „zersetzend“. Die Zeit des Dritten Reiches markiert einen völligen Zusammenbruch der Friedensbewegung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939–1945), der über 60 Millionen Menschenleben forderte, war die Ablehnung von Krieg und Gewalt in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft tief verankert. In der jungen Bundesrepublik Deutschland gründeten sich neue pazifistische Organisationen, und insbesondere ab den 1950er Jahren entstand eine breite Bewegung gegen die Wiederbewaffnung und die atomare Aufrüstung. Ein Meilenstein war die Unterschriftenkampagne „Ohne mich!“ (1954), in der sich Hunderttausende gegen eine Beteiligung Deutschlands an einem neuen Krieg aussprachen.

Der deutsche Pazifismus heute

In den 60er Jahren formierten sich die ersten Ostermärsche in Deutschland, die sich gegen Krieg, Aufrüstung und Atomwaffen richten. In den 80er Jahren erreichten sie mit den Protesten gegen den NATO-Doppelbeschluss ihren Höhepunkt. 1983 demonstrierten allein in Bonn über 300.000 Menschen gegen die Stationierung von US-Atomraketen in Deutschland. Die Bewegung wurde von breiten gesellschaftlichen Schichten getragen, darunter Kirchen, Gewerkschaften und Umweltverbände. Bis heute finden zu Ostern jährliche Friedensdemonstrationen in ganz Deutschland statt.

Nach der Wiedervereinigung 1990 verlagerte sich der Fokus auf neue Fragen: etwa Deutschlands Rolle in internationalen Militäreinsätzen (z. B. in Kosovo, Afghanistan) und die Kritik an Waffenexporten. Auch hier blieb die pazifistische Kritik lebendig, wenngleich zunehmend in Konkurrenz zu sicherheitspolitischen Realitäten. Mit dem Krieg in der Ukraine seit 2022 wurde diese Debatte nochmals neu entfacht – zwischen moralischer Verpflichtung zur Hilfe und der pazifistischen Mahnung zur Deeskalation.

Heute ist Pazifismus in Deutschland eng mit der Arbeit zahlreicher NGOs, Kirchen, Jugendverbände und Initiativen verbunden – darunter die DFG-VK, Pax Christi, die Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel, Sicherheit neu denken oder Fridays for Future, die den Zusammenhang zwischen Klima und Frieden betonen. Auch Menschen wie Jürgen Grässlin, einer der führenden Kritiker der deutschen Rüstungsindustrie oder Theodor Ebert, ein Friedensforscher, der maßgeblich an der Entwicklung ziviler Friedensdienste beteiligt war, prägen den heutigen deutschen Pazifismus. Ebenso wie Wolfgang Sternstein, der gewaltfreie Aktionsforschung mit praktischem Widerstand verbindet, oder Martin Arnold, der Gandhis Prinzipien in Deutschland theoretisch vertiefte und spirituell weiterentwickelte.

Laut Umfragen lehnen große Teile der deutschen Bevölkerung Auslandseinsätze der Bundeswehr kritisch ab – ein Erbe der Geschichte und Ausdruck einer tief verwurzelten Friedenssehnsucht. Der deutsche Pazifismus ist somit nicht nur eine historische Bewegung, sondern eine moralische Konstante – von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart.

Eine Grafik zu den weltweiten Rüstungsausgaben
Statista 2023

Aktuelle Herausforderungen für den Pazifismus

Angesichts der Zunahme autoritärer Regime, asymmetrischer Kriege und schwerer Menschenrechtsverletzungen geraten klassische pazifistische Positionen zunehmend unter Druck. Ein zentrales Dilemma lautet: Kann Gewaltlosigkeit auch dann aufrechterhalten werden, wenn dies bedeutet, dass Verbrechen ungestraft bleiben oder weitergehen? Aktuelle Beispiele zeigen die Brisanz dieser Frage. In der Ukraine etwa, die seit 2022 einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg durch Russland ausgesetzt ist, stellt sich die Frage: Reicht ein rein pazifistischer Ansatz mit präventiver Diplomatie aus, um territoriale Integrität und Menschenleben zu schützen – oder bedarf es militärischer Unterstützung im Kriegsfall?

Diese Frage spaltet auch die deutsche Gesellschaft. Einer Umfrage für ZDF-"frontal" im Februar 2025 zufolge befürworten 67 % der Befragten die militärische Unterstützung der Ukraine durch Deutschland. Gleichzeitig ist die Angst vor einer Ausweitung des Krieges groß – insbesondere unter jungen Menschen. Die Shell-Jugendstudie 2024 ergab, dass 81 % der jungen Deutschen Angst vor einem Krieg in Europa haben.

Die Erfahrung zeigt: Gesellschaftlich einfache Antworten gibt es nicht. Auch in Konflikten wie in Syrien oder im Sudan führte das internationale Zögern nicht zu Frieden, sondern schuf ein Vakuum, das Warlords, Diktatoren oder ausländische Mächte ausnutzten.

Das völkerrechtliche Prinzip der Schutzverantwortung („Responsibility to Protect“ – R2P) stellt den Pazifismus zusätzlich auf die Probe. Seit 2005 verpflichtet es Staaten dazu, auch militärisch einzugreifen, wenn schwere Menschenrechtsverbrechen wie Völkermord oder ethnische Säuberungen drohen oder begangen werden. Die tragische Erfahrung des Völkermords in Ruanda 1994, als die internationale Gemeinschaft aus Angst vor einer Eskalation zögerte und über 800.000 Menschen ermordet wurden, bleibt ein eindringliches Mahnmal für das Scheitern eines rein passiven Pazifismus. Gleichzeitig zeigt die Anwendung des R2P-Prinzips bei der NATO-Intervention in Libyen, dass solche Eingriffe auch schwerwiegende Folgen haben können: Die Militärintervention stürzte das Land in anhaltendes Chaos.

Kritiker werfen dem Pazifismus zudem Naivität vor. Er richte sich primär gegen die Gewaltanwendung demokratischer Staaten, blende aber die strukturelle und direkte Gewalt autoritärer Systeme aus. Dabei bleibt oft unbeantwortet, wie man sich gegen Akteure verteidigen soll, die keine Skrupel haben, Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen einzusetzen. Staaten wie Russland, China oder USA nutzen gezielt die Friedenssehnsucht und Angst der Gesellschaft, während sie massiv in ihre Rüstungsprogramme investieren.

Auch Deutschland wird im Zuge der „Zeitenwende“ mit dem Vorwurf konfrontiert, seine Sicherheits- und Verteidigungspolitik lange vernachlässigt und einseitig auf die Unterstützung der USA gesetzt zu haben. Um gegenzusteuern, investiert die Bundesregierung nun in nie dagewesenen finanziellen Umfang in die Modernisierung der Bundeswehr und spricht offen davon, innerhalb weniger Jahre kriegstüchtig werden zu müssen.

Ostermarsch in München am 8. April 2007
Wiki | Rufus46 - CC BY-SA 4.0

Pazifismus neu denken - Aktiv, realistisch, notwendig

Die Kritik am Pazifismus darf nicht zu seiner Ablehnung führen, sondern muss seine Weiterentwicklung anstoßen. Pazifismus muss sich aktiv mit der Realität auseinandersetzen. Nur so kann er mehr sein als ein bloßes Ideal: eine echte politische Alternative in einer Welt, die zwischen Eskalation und Hoffnung schwankt.

Ein moderner, reflektierter Pazifismus erkennt realpolitische Gegebenheiten an und hält dabei an der Grundüberzeugung fest, dass Gewalt niemals die erste Lösung sein darf. Er braucht neue Strategien für gewaltfreie Interventionen, gezielte Sanktionen, eine starke internationale Gerichtsbarkeit, Schutzräume für Aktivisten und ➡️ Kriegsdienstverweigerer. Dazu gehören auch finanzielle Ressourcen, denn Pazifismus erhält keinerlei finanzielle Ressourcen, auch die Friedensforschung ist strukturell unterfinanziert und ohne politischen Rückhalt, obwohl es langfristig kosteneffizienter wäre als die stetig steigende Aufrüstung.

Pazifismus heute bedeutet nicht nur, Nein zum Krieg zu sagen, sondern aktiv Alternativen zu schaffen: Friedensbildung in Schulen, Stärkung der Zivilgesellschaft, ➡️ internationale Abrüstungsabkommen, ein Verbot von Waffenexporten, Schutz von Geflüchteten, Förderung multilateraler Institutionen und Unterstützung gewaltfreier Bewegungen weltweit.

Pazifismus ist kein Zeichen von Naivität – sondern von Mut, Weitsicht und echter politischer Vernunft. In einer Zeit, in der die Weltuntergangsuhr 2025 auf 89 Sekunden vor Mitternacht steht, ist seine Botschaft aktueller denn je: Frieden ist möglich – aber nur, wenn wir ihn bewusst wählen.

Autorin: Maximilian Stark, 28.04.25, lizenziert unter CC BY-ND 4.0

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