Papst Franziskus

➡️ Papst Franziskus – Ein Nachruf auf ein progressives Vermächtnis
Papst Franziskus (1936–2025) war zwölf Jahre lang Oberhaupt der katholischen Kirche und Souverän des Vatikanstaats – und erfüllte seine Aufgaben bis zuletzt mit Hingabe.
Er war der erste Jesuit und der erste Papst aus dem globalen Süden. Sein Mut zu Veränderung und sein Engagement für den Fortschritt stießen während seines Pontifikats immer wieder auf Widerstand – insbesondere von konservativen und traditionellen Kräften innerhalb der Kirche.
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- Mitgefühl, Güte und ein einfaches Leben
Von Beginn seines Pontifikats an war es Papst Franziskus ein zentrales Anliegen, das Antlitz der Kirche zu humanisieren. Sein bleibendes Vermächtnis ist geprägt von tief empfundener Demut, dem festen Willen zur Reform und progressiven Positionen zu gesellschaftlichen Gerechtigkeit.
„Ein wenig Barmherzigkeit macht die Welt weniger kalt und gerechter.“ – Papst Franziskus
Sein Einsatz für Barmherzigkeit zeigte sich besonders eindrucksvoll in seinem Besuch bei Gefängnisinsassen – nur wenige Wochen nach einem 38-tägigen Krankenhausaufenthalt –, bei dem er die Messe vom Letzten Abendmahl feierte und rund 70 Häftlinge persönlich begrüßte.
Bedeutende Errungenschaften
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VERPFLICHTUNG ZU REFORMEN
Papst Franziskus setzte sich intensiv für die Reform der vatikanischen Verwaltung ein. Transparenz und Verantwortlichkeit sollten gestärkt, die Kirche ihrem eigentlichen Auftrag nähergebracht werden: ein "Herz für die Armen" zu entwickeln, zuzuhören, Bedürfnisse zu erkennen – und zu handeln.
Im Jahr 2022 verabschiedete Franziskus eine neue Verfassung für den Vatikan mit dem Titel Praedicate Evangelium. Sie stellte klar: Macht innerhalb der Kirche dient allein dem Dienst am Menschen. Franziskus legte zudem großen Wert auf eine Dezentralisierung der kirchlichen Autorität – als Schutz vor Machtmissbrauch und finanziellen Skandalen.
Zu seinen bedeutendsten Schriften zählen:
- Amoris Laetitia – über die Liebe in der Familie
- Gaudete et Exsultate – über den Ruf zur Heiligkeit für alle
- Vos estis lux mundi – über die Pflicht zur Anzeige sexuellen Missbrauchs
- Fratelli tutti – über Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft
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Pascite gregem Dei – zur Reform des vatikanischen Strafrechts und zur Verschärfung von Strafen bei sexuellem Missbrauch und Finanzdelikten

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KRITIK AN KAPITALISMUS UND MATERIALISMUS
Franziskus entschied sich bewusst gegen den Prunk des Apostolischen Palasts und lebte stattdessen in einem einfachen Gästehaus. Er fuhr ein bescheidenes Auto, trug schlichte Kleidung und wusch Häftlingen die Füße – alles Ausdruck seiner Demut und seines Einsatzes für ein einfaches Leben.
Für ihn spiegelte die Wirtschaft die Werte einer Gesellschaft wider: Sind diese Werte defizitär, wird auch die Wirtschaft ungerecht. Der Kapitalismus, so Franziskus, sei oft ausbeuterisch, rücksichtslos und ausgrenzend – mit Vorteilen für wenige, aber Leid für viele.
In seiner Enzyklika Laudato si' – Über die Sorge für das gemeinsame Haus verband er Wirtschaftskritik mit Umweltethik. Er zeigte auf, wie sehr insbesondere die Armen und Ausgeschlossenen unter den Folgen des Klimawandels leiden – obwohl sie am wenigsten zu dessen Ursachen beitragen.
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KLIMASCHÜTZER & MAHNER DER GERECHTIGKEIT
Der Kampf gegen den Klimawandel war für Papst Franziskus eine Herzensangelegenheit. Er verband die Zerstörung der Umwelt mit der globalen Armut – und machte in seiner wegweisenden Enzyklika Laudato si’ unmissverständlich klar: Reiche Nationen tragen eine besondere Verantwortung, weil sie maßgeblich die Lebensgrundlagen der ärmeren Länder zerstören.
Franziskus forderte entschiedenes, schnelles Handeln, um den Planeten und seine Bewohner zu schützen. Für ihn war Umweltschutz eine moralische Pflicht – gegenüber der Schöpfung ebenso wie gegenüber den Schwächsten. Seine klare Haltung schuf Bewusstsein, übte Druck auf die Politik aus und inspirierte eine weltweite Bewegung für nachhaltiges Handeln.
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FRIEDENSPREDIGER UND KRITIKER DES KRIEGES
Papst Franziskus war ein entschiedener Pazifist und verurteilte die Logik des Krieges sowie das unsägliche menschliche Leid, das daraus resultiert. Den Krieg im Gazastreifen nannte er offen „Terrorismus“ – und stellte sich an die Seite der palästinensischen Bevölkerung im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten.
In seiner letzten öffentlichen Osteransprache auf dem Petersplatz forderte er: sofortige Waffenruhe, Freilassung aller Geiseln, ein Ende der humanitären Katastrophe – und Frieden für Israelis und Palästinenser aller Glaubensrichtungen.
Auch im Ukraine-Krieg plädierte er für Dialog und diplomatische Lösungen. Er rief zu Verhandlungen auf und setzte sich für eine gerechte und nachhaltige Friedenslösung ein.

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VERTEIDIGER DER MENSCHEN AUF DER FLUCHT
Ein zentrales Anliegen des Papstes war der Einsatz für Geflüchtete, Randgruppen, Arme und Ausgegrenzte. Er war eine laute Stimme für die Rechte von Migranten – Würde, Sicherheit und Mitmenschlichkeit waren für ihn nicht verhandelbar.
Franziskus erkannte: Migration ist ein dauerhaftes Phänomen unserer Zeit, getrieben durch Armut, Klimawandel und Gewalt. Umso klarer kritisierte er unmenschliche Asyl- und Abschiebepolitik – insbesondere in den USA – und verurteilte die Gleichgültigkeit Europas angesichts des Leids an den Außengrenzen.
Er reiste in Flüchtlingslager, besuchte Orte von Migrantentragödien und rettete persönlich Familien von der griechischen Insel Lesbos – ein symbolischer Akt, der weltweit für Aufmerksamkeit sorgte.
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UNTERSTÜTZER DER LGBTQI+ GEMEINSCHAFT
Papst Franziskus sprach sich deutlich gegen die Kriminalisierung von Homosexualität aus und leitete eine vorsichtige, aber bedeutende Öffnung der Kirche gegenüber queeren Menschen ein. 2023 erlaubte er offiziell Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare.
Mit seinem Satz „Wer bin ich, um zu urteilen?“ ebnete er den Weg zu mehr Toleranz – und in Teilen sogar zu Akzeptanz – gegenüber homosexuellen und trans Identitäten in der katholischen Kirche. Zwar blieb die offizielle Lehre zu gleichgeschlechtlicher Ehe unverändert, doch Franziskus setzte wichtige Impulse für die Beseitigung diskriminierender Haltungen.
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TOLERANZ UND OFFENHEIT
Papst Franziskus brachte die Kirche auf einen Kurs der Öffnung bei vielen gesellschaftlichen Fragen. Zum ersten Mal wurde Transmenschen offen die Tür zur Kirche geöffnet, Geschiedene willkommen geheißen und Frauen in Leitungspositionen stärker gefördert.
Er baute Brücken – zu anderen Religionen, zu Atheisten und zwischen verschiedenen christlichen Konfessionen. Besonders seine historische Reise in den Irak, bei der er sich mit Großajatollah Ali al-Sistani traf, sendete ein starkes Zeichen für interreligiösen Dialog und religiöse Toleranz – in einem Land, das wegen der Verfolgung christlicher Minderheiten weltweit in der Kritik steht.

Ein Papst ohne Fehler?
Trotz seiner betonten Offenheit und progressiven Rhetorik blieb Papst Franziskus in einigen zentralen Fragen auffallend zögerlich oder gar stumm. Ein besonders großer blinder Fleck war der systematische Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche. Zwar führte Franziskus 2019 mit Vos estis lux mundi neue Meldepflichten ein und entfernte einige prominente Täter, doch viele Opferverbände kritisieren, dass dies nur symbolische Schritte geblieben seien. In Ländern wie Polen, Italien oder Spanien fehlt bis heute eine lückenlose Aufarbeitung. So wurde beispielsweise die italienische Bischofskonferenz erst 2022 auf öffentlichen Druck hin zu einer Missbrauchsstudie bewegt – und selbst diese blieb stark begrenzt. Im Gegensatz dazu veröffentlichten Staaten wie Frankreich und Deutschland schon Jahre früher umfassende und erschütternde Zahlen: In Frankreich wurden 2021 etwa 330.000 Missbrauchsopfer seit 1950 dokumentiert – eine Zahl, auf die der Vatikan kaum öffentlich reagierte.
Auch bei der Frauenfrage war Franziskus deutlich weniger mutig als oft dargestellt. Zwar betonte er immer wieder die „Bedeutung der Frau in der Kirche“, doch faktisch änderte sich kaum etwas an der strukturellen Ausgrenzung. Frauen bleiben weiterhin von allen Weiheämtern ausgeschlossen – das Diakonat für Frauen wurde trotz mehrerer Kommissionen nie eingeführt. Stattdessen beschränkte sich Franziskus auf kleinere symbolische Gesten, wie die Ernennung von Frauen in vatikanische Verwaltungspositionen – bei über 3.000 Stellen im Vatikan sind jedoch bis heute nur rund 24 % weiblich besetzt. Auch beim Umgang mit der LGBTQI+-Gemeinschaft ging Franziskus nur halbherzig vor: Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare 2023 war zwar ein Fortschritt, blieb aber pastoral begrenzt und änderte weder die diskriminierende Lehre noch die kirchenrechtlichen Strukturen. Damit bleibt die Kirche trotz Franziskus’ Gesten eine Institution, in der queere Menschen weiterhin systematisch benachteiligt werden.
Der nächste Papst - Ein Erbe für die Zukunft?
Die Amtszeit Papst Franziskus war geprägt von einem intensiven Bemühen um Reform und progressiven Anleihen, aber auch von internen Widerständen, strukturellen Trägheiten und einem anhaltenden Autoritätsverlust der Kirche. Progressive Gläubige hoffen auf eine Kirche, die noch gerechter, mutiger und offener wird. Dieser Wunsch und auch das Vermächtnis von Papst Franziskus wird davon abhängen, wie sich sein seinem Nachfolger verhält: Wird er die begonnenen Reformen vertiefen – oder sie in der nächsten Pontifikatsära wieder rückgängig und einen deutlich konservativeren Kurs einschlagen?
Autorin: Rachael Mellor, 22.04.2025, Übersetzung & Ergänzung: Maximilian Stark 24.04.25 | Lizenz: CC BY-SA 4.0
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