Demo gegen unfaire Besteuerung mit mehreren Schildern
Flickr | campact - CC BY-NC 2.0

Der ➡️ österreichische Reichtum und dessen fehlende Besteuerung 

Die soziale Ungleichheit in Österreich nimmt sich zu – und das hat auch mit der niedrigen Besteuerung der Reichsten im Land zu tun. Das Vermögen ist erheblich konzentriert. So besitzt das reichste Prozent der Österreicher knapp 40 Prozent des Vermögens. Die reichsten zehn Prozent verfügen über 66 Prozent. Das heißt wiederum, dass 90 Prozent des Bevölkerungsanteils gerade einmal 34 Prozent am Vermögen halten. Während der Covid-Pandemie sind zwei Millionen Österreicher ärmer geworden – der Reichtum österreichischer Milliardäre ist in der Zeit um 40 Prozent gestiegen. Die obersten 10 Prozent verursachen mit über 40 Tonnen CO2 Ausstoß pro Jahr auch viermal so viel wie die unteren 10 Prozent.

Bessere Welt Info setzt sich kritisch mit der sozialen Ungleichheit und der Reichtumskonzentration in Österreich auseinander. Wir schauen auf die Gründe, warum eine Vermögenssteuer bislang nicht umgesetzt wurde, dekonstruieren Falschmeldungen dazu und schauen auf die politischen Positionen der Parteien zum Thema.

Soziale Ungleichheit in Österreich

Die Armutsquote lag 2022 bei 18 Prozent der Gesamtbevölkerung, das heißt 1,6 Millionen Österreicher sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das schlägt sich auch auf die Lebenserwartung nieder. Armut reduziert die Lebenserwartung von Frauen in Österreich um 4 Jahre, bei den Männern sind es sogar 11 Jahre. Diese Umstände wirken sich auch auf das Wohnverhältnis aus. Häufig belasten die Wohnkosten arme Haushalte besonders stark. Zudem sind die häufiger von Überbelegung, unzureichender Isolation oder schlechten Lichtverhältnissen in der Wohnung betroffen.

Bei den Kindern und Jugendlichen ist die Situation noch drastischer. So sind dort 22 Prozent betroffen – jedes fünfte Kind wächst in Armut auf oder ist davon gefährdet. So können über 130.000 junge Menschen in Österreich aus finanziellen Gründen keine kostenpflichtigen Sport- oder Freizeitaktivitäten ausüben. Zudem sind zwischen 2010 und 2020 die Zahlen der atypischen Beschäftigungen und Arbeitslosen teils deutlich gestiegen. Männer verdienen im Durchschnitt 20 Prozent mehr als Frauen in Österreich – das führt auch zu einem Pensionsunterschied von 46 Prozent zugunsten der Männer. Zudem verrichten Frauen in Österreich doppelt so viel unbezahlte Arbeit.

Auch im Bildungssystem lässt sich die soziale Ungleichheit feststellen. 85 Prozent der jungen Menschen, die aktuell die Universität in Österreich besuchen, kommen aus einem Elternhaus, das eine Matura oder einen Universitätsabschluss hat. Andererseits kommen 80 Prozent der Pflichtschulabgänger aus einem Elternhaus, das ebenfalls die Pflichtschule oder maximal die mittlere Schule absolviert hat.

Das schlägt sich auch in der Lebenszufriedenheit nieder. So geben mittlere und niedrigere Einkommensgruppen an, unzufriedener mit ihrer Lebenssituation zu sein als die oberen Einkommensgruppen. Diese wiederum hat die höchste Wahlbeteiligung von über 80 Prozent, während sie bei den unteren Einkommensgruppen bei knapp 60 Prozent liegt.

 

Die reichsten Österreicher 2022
statista 2022

Reiche für und gegen eine Vermögenssteuer

Eine faire Besteuerung könnte die benannten Ungleichheiten deutlich reduzieren. Doch in Österreich wehrt man sich seit Jahren dagegen. Schon lange fehlt ausreichend Transparenz darüber, wie das Vermögen in Österreich verteilt ist. Es gibt auch kein öffentliches Vermögensregister oder die steuerliche Erfassung von Vermögen – die Basis bilden stichprobenartige Erhebungen der Nationalbank.

Aktuell wird Vermögen in Österreich zudem so gering besteuert, dass es im OECD-Schnitt auf den hintersten Plätzen landet. Während andere Länder Erbschafts- oder Schenkungssteuern und sogar Vermögenssteuern erheben. Wird in Österreich gerade einmal 1,4 Prozent vermögensbezogene Steuern erhoben.

In den 60er Jahren waren diese Steuern noch wichtige Bestandteile des Steuer- und Abgabenaufkommens. Eine Vermögenssteuer gab es bereits – bis sie 1993 vom damaligen SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft wurde. Auch die Erbschaftssteuer wurde 2008 nach einem VfGH-Urteil gestrichen. Dass seitdem jede umfassende Debatte über eine Wiedereinführung oder sonstige Steuermaßnahmen für Reiche verhindert wurde, hat klares System.

Denn die Reichen im Land wissen um ihre günstige Stellung und nutzen Parteispenden, Medienfinanzierungen oder gezielte Lobbyarbeit, damit der politische und gesellschaftliche Diskurs nicht auf sie gelenkt wird. Dabei wird auch mit einer Menge Falschinformationen gearbeitet, die gezielt die Wirksamkeit einer höheren Besteuerung oder den Rückhalt der Bevölkerung zu diesen Maßnahmen infrage stellen.

Allerdings gibt es auch wohlhabende Menschen in Österreich, die für eine stärkere Besteuerung eintreten. Die Millionenerbin Marlene Engelhorn wirbt mit der Initiative Taxmenow für Steuergerechtigkeit, härteres Vorgehen gegen Steuervermeidung und höhere Abgaben der Reichsten im Land. Engelhorn selbst spendet 25 Millionen ihres Erbes für wohltätige Zwecke.

 

Statistik zur Einführung einer Reichensteuer
Wie steht die Bevölkerung zu einer Erbschafts- und Vermögenssteuer ab 1 Million Euro? - statista 2023

Mythen und Fakten zur Vermögenssteuer in Österreich

Immer wieder wird davon gesprochen, dass Vermögenssteuern vor allem den Mittelstand treffen würden. Dabei beziehen sich alle dafür vorgelegten Konzepte auf ein Nettovermögen von über eine Million Euro; alle niedrigeren Beträge wären von dieser Steuer ausgenommen. Betroffen wären also gerade einmal drei bis vier Prozent der österreichischen Haushalte; der Rest der österreichischen Gesellschaft würde nur davon profitieren, beispielsweise durch niedrigere Steuern oder den Ausbau des Sozialstaats.

Politisch und medial wird dabei auch immer wieder behauptet, dass die Bevölkerung nicht hinter der Einführung einer Vermögenssteuer in Österreich stehen würde. Schaut man allerdings auf die Umfrageergebnisse der letzten Jahre, ergibt sich ein klares Bild: Eine große Mehrheit steht hinter einer Vermögenssteuer; bis zu 80 Prozent sprechen sich dafür aus. Dass in der Öffentlichkeit mitunter ein anderes Bild vermittelt wird, liegt leider auch an den Medien. In zwei Dritteln der Artikel in den letzten 15 Jahren, die das Thema behandelten, wurde sich ablehnend zur Einführung einer Vermögenssteuer geäußert.

Dahingehend wird auch oft das Argument vorgebracht, dass Reiche bereits hohe Steuern zahlen würden. Das lässt sich allerdings widerlegen. Zwar wird mehr Lohn- und Einkommenssteuer gezahlt, berücksichtigt man aber alle Steuerabgaben wie Sozialversicherung oder Mehrwertsteuer, so liegt die Steuerlast der Reichen ungefähr bei der Mittelschicht. Wer besonders viel Vermögen hat, bezieht oftmals überhaupt kein direktes Einkommen und ist dadurch erheblich im Vorteil – denn eine Vermögenssteuer gibt es, wie bereits festgestellt wurde, nicht.

Auch die Angst, dass bei stärkerer Besteuerung die Reiche das Land verlassen würden, scheint unbegründet. Viele Vermögenswerte sind in Immobilien angelegt, die lassen sich nicht so einfach transportieren; eine effektive Wegzugsbesteuerung könnte die Flucht ebenfalls unattraktiv machen und wohin will man auch flüchten, wenn Österreich bei der Vermögensbesteuerung eines der Schlusslichter ist.

Ein weiterer Mythos besagt, dass die Vermögenssteuer zu bürokratisch und ineffektiv wäre. Auch das lässt sich widerlegen. Ein moderates Steuer-Modell, das vom SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler vorgeschlagen wird, würde bereits drei Milliarden Euro pro Jahr bringen. Die Modelle des Österreichischer Gewerkschaftsbunds oder der Gewerkschaft GPA rechnen mit höheren Steuersätzen und würden auf sechs Milliarden Euro pro Jahr kommen. 

Nützliche Gelder, die für eine Lohnsteuersenkung, eine Pflegereform oder den Ausbau der Sozialleistungen genutzt werden könnten. Auch die Bürokratie wäre nicht sonderlich hoch, denn es wäre nur ein sehr geringer Teil der österreichischen Bevölkerung betroffen und die Digitalisierung sollte die Einführung eines Vermögensregisters oder die Auswertung von Kontodaten erheblich erleichtern.

 

Andreas Babler bei einer Wahlkampfveranstaltung
Flickr | Team Basis - CC BY 2.0

Politik für und gegen eine Vermögenssteuer

Ein gerechtes und ausgeglichenes Steuersystem ist unerlässlich, wenn man den sozialen Frieden im Land dauerhaft sichern möchte. Denn Vermögenskonzentration in den Händen weniger gefährdet die Demokratie, den sozialen Zusammenhalt und auch den Fortschritt im Land. Denn durch die ungleiche Besteuerung in Österreich verliert die Gesellschaft aktuell Milliarden an Geldern, die dann für Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, Kultur oder Forschung fehlen.

Ein starker Sozialstaat kann nur bestehen, wenn diese Bereiche auch finanziell abgedeckt sind. Das war in der Vergangenheit auch immer an die Versteuerung großer Vermögen geknüpft. Sind diese Bereiche unterfinanziert, bietet dies Nährboden für Unsicherheit, Armut und Gewalt. Städte verfallen, Menschen werden abgehängt oder verlassen das Land. Solche Auswirkungen würden alle Menschen im Land spüren – auch die Reichen. Die aktuell sicherlich auch die Vorzüge des österreichischen Sozialstaats genießen.

Das scheint man bislang aber willentlich in Kauf zu nehmen. Die Reichen können sich dabei bislang auf die Unterstützung der Parteien verlassen. Mit Andreas Babler an der Spitze der SPÖ soll sich das nun ändern, denn der will Millionäre stärker mit Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuer besteuern. So fordert er ab einem Erbwert über eine Million Euro eine Besteuerung von 25 Prozent. Vermögen soll auch ab einer Million mit 0,5 Prozent besteuert werden; ab zehn Millionen erhöht sich der Prozentsatz.

Schon unter der ehemaligen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner waren ähnliche Modelle vorgestellt worden – bereits seit 2010 lobbyiert man mit einer Millionärssteuer. In konkreten Machtpositionen wie bei den Koalitionsverhandlungen 2013 verwarf man die Forderung allerdings bislang immer wieder.

Die ÖVP und die FPÖ stehen traditionell klar gegen diese Art der Besteuerung. Immer wieder wird dabei mit den oben aufgeführten Falschannahmen argumentiert, dass der Aufwand der Einführung dieser Steuern viel zu hoch wäre, der Mittelstand belastet werden würde, die Reichen bereits mehr als genug abgeben oder sich die Einnahmen nicht rechnen würden. Stattdessen wirbt man eher für Steuersenkungen. So konnten bei der Erstauflage von Schwarz-Blau 2000 Konzerne durch Steuersenkungen Milliardengewinne erwirtschaften – die Arbeitnehmer waren dagegen mit höheren Sozialabgaben und niedrigeren Pensionsbezügen konfrontiert.

Die NEOS sind da auch eher skeptisch und argumentieren ebenfalls mit der bereits hohen Abgabenbelastung der Bevölkerung, wovon ein Großteil nicht von der Vermögenssteuer betroffen wäre. Die Grünen oder die KPÖ sprechen sich dagegen für Vermögens- oder Erbschaftssteuern aus und sehen die Notwendigkeit, soziale Ungleichheit durch eine gerechte Besteuerung zu bekämpfen.

 

EIne Demo für mehr gerechte Besteuerung
Flickr | campact - CC BY-NC 2.0

Steuergerechtigkeit für soziale Gerechtigkeit

Ein Großteil der reichen Österreicher versucht sich bislang aktiv ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen. Aktiv versucht man, politische Prozesse auf seine Art zu beeinflussen und den Diskurs so zu lenken, dass er fernab von der eigenen Rolle bleibt. Da wird eher über Leistungskürzungen für Geflüchtete oder Sozialhilfeempfänger debattiert oder Stellen im Sozial-, Gesundheits- oder Bildungsbereich gestrichen – weil man ja einsparen muss.

Dass großes Vermögen auch aktiv Schaden anrichten kann, zeigte sich unlängst in der Causa um den Unternehmer Rene Benko, der jahrelang durch politische Vetternwirtschaft gestützt, Milliarden-Projekte in Deutschland und Österreich an Land ziehen konnte. Nachdem sein Firmengeflecht durch unseriöse Machenschaften größtenteils zusammengebrochen ist, kann er sich wohl unbeschadet daraus zurückziehen – während Millionen Euro versenkt wurden und viele Angestellte um ihre Arbeit bangen.

Ein Beispiel, wie verantwortungslos und egoistisch das Handeln sein kann, wenn man über die nötigen Mittel verfügt, um gesellschaftlich und politisch Einfluss zu nehmen. Dass damit Demokratie und sozialer Frieden in Gefahr gerät, wird leider oft wissentlich in Kauf genommen; man verfügt ja über die Ressourcen, sich davon freizukaufen.

Damit sich das ändert, braucht Steuerreformen, härteres Vorgehen gegen Steuerhinterziehung, eine besser aufgestellt und ausgerüstete Steuerbehörde und vor allem den politischen und gesellschaftlichen Druck, dass die Reichsten in Österreich zur Verantwortung gezogen werden. Bessere Welt Info steht für Steuererweiterungen und gerechte Besteuerung. Denn wir glauben, dass soziale Gerechtigkeit nur bestehen kann, wenn sich der Reichtum und Einfluss nicht auf einige wenige konzentriert.

Autor: Maximilian Stark 25.04.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0

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