Das Logo der Jungen Alternative
Wiki | FireKillerEU - CC BY-SA 4.0

Wer ist die ➡️ Junge Alternative für Deutschland? - Positionen, Strukturen und Personen
 

Die Alternative für Deutschland (AfD) erlebte zuletzt einen starken Aufwärtstrend. Auf Bundesebene bewegen sie sich laut Umfragen mit 20 Prozent auf Position der zweitstärksten Kraft (Sonntagsumfrage 2024). Die AfD schafft es, von den Verfehlungen der Ampel-Koalition zu profitieren und sich als Protestpartei zu etablieren.

Doch hinter diesem Protest verbirgt sich eine menschenverachtende und zutiefst neoliberale Politik, die für Ausgrenzung, Abschottung und die Zuspitzung der sozialen Ungleichheit in Deutschland steht. Im Vordergrund stehen insbesondere migrations- und flüchtlingsfeindliche Positionen. Vertreten werden diese Ansichten oft durch rassistische Stereotypen oder islamophobe Parolen – die Grenze zum Rechtsextremismus verschwimmt.

Dafür sorgt auch die Jugendorganisation der Partei, die Junge Alternative für Deutschland (JA). Seit April 2023 stufte sie der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ und attestierte ihr eine „migrations- und insbesondere islamfeindliche Haltung“ (Verfassungsschutz 2019).

Immer wieder fallen Mitglieder der JA durch Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen auf, sie treten populistischer und radikaler auf als ihre Mutterpartei und scheuen sich immer weniger vor der Nähe zur NS-Ideologie. Bessere Welt Info schaut kritisch auf die Jugendorganisation der AfD, beschäftigt sich mit ihren Positionen, dem Auftreten in der Öffentlichkeit und den Verbindungen und Einfluss auf die Bundespolitik. 

 

Anna Leisten in der Mitte hinter dem Abschiebeplakat der Jungen Alternative Brandenburg.
Screenshot Instagram

Wer ist die JA?

Die Junge Alternative wurde 2013 ins Leben gerufen und ist seit 2015 offiziell von der AfD anerkannt. 2023 zählte sie 2100 Mitglieder. Der Frauenanteil lag 2019 bei 30 Prozent (Zeit 2019). 2022 waren gerade einmal 11 Frauen in Bundes- oder Landesvorständen der JA vertreten. Man spricht sich klar gegen eine Frauenquote aus. So meint der NRW-Landesverband: „Starke Frauen brauchen keine diskriminierende Quote!“ 

Der Männeranteil der JA ist daher recht hoch. Es sind vor allem junge Akademiker; häufig in studentischen Verbindungen oder Burschenschaften und bereits im rechtsintellektuellen Milieu verwurzelt (FR 2023). Viele waren bei der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) aktiv oder bewegten sich in deren Umfeld. Der Rechtsextremismus-Forscher Jan Riebe nennt sie „Bewegungsrechte“, die versuchen, politisch auf der Straße aktiv zu sein und gern an Aktionen oder Demos teilnehmen. 

Auch der ehemalige JA-Chef Bremen, Robert Teske, lobte die IB für ihre „guten Aktionen“ und nannte sie zu Unrecht vom Verfassungsschutz beobachtet. Teske machte übrigens Karriere und ist mittlerweile Büroleiter von Björn Höcke in Thüringen. Es gibt zwar einen förmlichen Unvereinbarkeitsbeschluss von 2016, der wird aber eher als strategische und nicht als politisch-ideologische Position gesehen.  

 

Eine Demo der IB
Flickr | Ivan Radic - CC BY 2.0

Die Verbindungen zu den Identitären

Als 2023 ein identitäres Hausprojekt in Chemnitz eröffnet wird, sind bei der Einweihungsfeier mehrere JA-Bundes- und Landesvorstände vor Ort. Selbst der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp war nachweislich Teil der Veranstaltung.  Der Bundestagsabgeordnete Jan Wenzel beschäftigt den vorbestraften Rechtsextremisten und IB-Aktivisten Mario Müller in seinem Büro. Ein weiteres identitäres Hausprojekt in Halle wurde gar über eine Stiftung von einem hessischen AfD-Landtagsabgeordneten erworben. 

Mit Blick auf den JA-Vorsitz der letzten Jahre offenbart sich auch hier ein Machtkampf zwischen gemäßigten und radikalen Kräften. Bis 2021 versuchte der rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Damian Lohr die beiden Lager zu vereinen – und scheiterte. Seit 2022 ist Hannes Gnauck Bundesvorsitzender der Jungen Alternative. Er war lange Zeit Soldat und wurde dort vom militärischen Abschirmdienst als Extremist eingestuft - gegen ihn wurde ein Uniform- und Dienstverbot verhängt. Dennoch sitzt er für die AfD im Verteidigungsausschuss und hat Zugang zu sensiblen sicherheitspolitischen Dokumenten. 

Für die aktuelle JA stehen auch zwei weitere Mitglieder exemplarisch. Daniel Halemba zog 2023 als jüngster Abgeordneter in den Bayrischen Landtag ein. Zeitgleich wurde der rechtsextreme Burschenschaftler u.a. wegen Volksverhetzung per Haftbefehl gesucht und nahm an IB-Veranstaltungen teil. Der Bundesvorstand wollte ihn daraufhin loswerden, doch sein Landesvorstand hält bislang an ihm fest. 

Auch die Chefin der JA-Brandenburg, Anna Leisten, war zu radikal für den Bundesvorstand und wurde abgemahnt. Auf Instagram posierte sie mit einer "white power"-Handgeste; sie pflegt offene und gute Kontakte zur IB – war auch in Chemnitz und nimmt an Wehrsportübungen teil. Einen Post auf Instagram, der sie beim Training im Schlamm zeigt, kommentiert sie mit "Ostfront 2025“. 

 

Wofür steht die JA? 

Ideologisch tritt die JA extremer und radikaler auf als die AfD. Das ist auch Kalkül: Denn durch extreme rassistische Positionen oder antifeministische Parolen kann auf Ebene der JA ausgetestet werden, was die AfD sagen und anbringen kann – und was nicht. Denn schlussendlich sollen reaktionäre Narrative den öffentlichen Diskurs prägen und verändern. 

Politisch orientiert man sich dabei am JA-Programm des „Deutschlandplans“. In seiner ersten Fassung von 2018 vertrat es deutlich radikaler Positionen als die AfD zu dieser Zeit: EU- und NATO-Austritt, drastische Aufrüstung, einen „Migrationsstopp“, Sozialleistungen nur für deutsche Staatsangehörige, der Ausstieg aus der Genfer Flüchtlingskonvention und die begrenzte Aufnahme von maximal 3600 Asylantragstellenden pro Jahr

Das Programm wurde in Folge etwas entschärft – wohl weil der Verfassungsschutz zunehmend die JA beobachtete. Die Richtung war trotzdem klar und so erklärte der stellvertretende JA-Vorsitzende, Tomasz Froelich, man entwickelt sich „immer mehr zum programmatischen Motor der Partei“. Dabei war vor allem die Anfangszeit geprägt von Konflikten mit der AfD; einige lehnten die JA als AfD-Nachwuchsorganisation ab. Immer wieder drehte es sich dabei um die Frage, wie man mit der Nähe zu rechtsextremen Organisationen und Personen umgeht – auch um eine mögliche Überwachung des Verfassungsschutzes abzuwenden. 

Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Durch die konstante Beobachtung des Verfassungsschutzes beider Partei-Organe hat sich ein Gemeinschaftsgefühl eingestellt, eine Wir-gegen-Die-Mentalität. Als die JA 2023 offiziell als "gesichert rechtsextrem" eingestuft wurde, solidarisierten sich AfD-Spitzenpolitiker wie Weidel oder Höcke und schossen gegen die "Mainstream-Politik" und ihre vermeintlich diskriminierenden Verbotsmaßnahmen. 

Die AfD erkannte auch zunehmend die positiven Effekte einer Jugendorganisation, beispielsweise bei der Rekrutierung und Sozialisierung neuer Mitglieder oder eben als radikaler Flügel der Partei, der politische Grenzen austestet und stärker auf Straßenaktionismus setzt. Das ließ sich auch beim JA-Bundeskongress 2022 erkennen, auf dem zahlreiche neurechte Organisationen vertreten waren, wie der identitäre Online-Shop Phalanx Europa oder der Antaios-Verlag von Götz Kubitschek. 

 

Die Twitternutzung der Parteien
statista 2017

Kulturrevolution mit Social Media und rechter Vernetzung

JA-Bundesvorstand Leisten bringt auf den Punkt, wofür diese Entwicklung steht: Man wolle keine Distanzierung von Weggefährten mehr und stattdessen eine breite Zusammenarbeit aller patriotischen Menschen. Offene Zusammenarbeit mit der IB oder anderen rechtsextremen Organisationen ist daher nur logische Konsequenz. 

Dahinter steht das Konzept der "Mosaikrechten". Geprägt hat diesen Begriff Benedikt Kaiser, Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Pohl und früherer Aktivist der verbotenen Nationalen Sozialisten Chemnitz. Dahinter steht die Idee, dass sich die AfD mit Vorfeld-Organisationen wie der JA, aber auch der IB oder dem neurechten Verein Ein Prozent mosaikartig vernetzt. Durch finanziellen, aber auch ideologischen Austausch soll ein breites Netzwerk entstehen, das möglichst ein breites Publikum erreicht. Das Ziel: eine neue kulturelle Revolution, eine neurechte 68er-Bewegung. 

Dafür setzt man auch stark auf internationale Vernetzung. So unterhält die JA gute Kontakte zu den rechtspopulistischen Jugendorganisationen der FPÖ, SVP, Wahre Finnen oder der UK Independence Party. Auch das Internet und soziale Medien sind wichtige Werkzeuge. JA und AfD sind auf den sozialen Netzwerken so erfolgreich und reichweitenstark wie kaum eine andere deutsche Partei und ihre Jugendorganisationen. 

Dabei werden geschickt popkulturelle Elemente mit völkisch-nationalistischen Inhalten verknüpft. Die Videos sind gut gestaltet, greifen aktuelle Trends auf und versuchen auf einer persönlichen Ebene mit dem Zuschauer zu interagieren. Die Botschaften werden dabei ungefiltert, niederschwellig und ohne Kontext verbreitet. Beim rechten Geheimtreffen in Potsdam wurde von einem AfD-Referenten die Finanzierung einer rechten Social-Media-Agentur in Aussicht gestellt. 

Eng verbunden ist man auch mit dem rechten AfD-Flügel um Höcke. Beim Bundeskongress sprach er sich dafür aus, dass die JA noch mehr Bewegung sein müsse und mehr wagen sollte. Die IB nannte er dabei als Vorbild. Die JA Sachsen-Anhalt revanchierte sich und betitelte ein gemeinsames Bild mit "Höckejugend".

 

Eine Anti AfD Demo vor dem Bundestag
Flickr | campact - CC BY-NC 2.0

Die JA als Gefahr für die Demokratie

Bei den deutschen Sicherheitsbehörden hat man aktuell keinen Überblick, wie viele JA-Mitglieder Waffen besitzen oder im Staatsdienst angestellt sind (taz 2023). Im Februar 2024 recherchierte RTL verdeckt auf einer Wanderung der JA Sachsen. Teilnehmer sprachen offen über die Errichtung von Ghettos für Juden, Arbeitslager für Ausländer und gewaltvolle Umsturzfantasien (Spiegel 2024). Ein weiteres Beispiel, wofür die JA schlussendlich steht: offenes rechtsextremistisches Gedankengut. 

Doch dabei zeigt sich auch: Man hat schon lange keine Angst mehr, öffentlich als rechtsextrem gelabelt zu werden. Die neurechte Bewegung hat den Schulterschluss vollzogen. Offen wird mittlerweile zwischen JA, IB und AfD kooperiert, und das nicht erst seit dem Geheimtreffen von Potsdam. Die rechte Vision ist klar: Eine breite Bewegung vom Parlament bis auf die Straße – mit allen Mitteln und allen rechten Kräften vereint.

Um dieser Bewegung etwas entgegenzusetzen, braucht es mehr als die bundesweiten Anti-AfD-Demos. Sie sind ein gutes Zeichen, aber schlussendlich braucht es neue progressive Konzepte, wirkungsvolle Politik gegen Sozialabbau, Lobbyismus und Ausgrenzung - und für Demokratie, Menschlichkeit und Dialog. Im Falle der JA wurde auch immer wieder ein Verbotsverfahren ins Gespräch gebracht. Als Verein wäre sie deutlich leichter zu verbieten als ihre Mutterpartei. Und doch werden die Rechten nicht einfach verschwinden, solang es keine Politik gibt, die sich ernsthaft mit den Ängsten der Menschen beschäftigt und wirkungsvoll auf die Probleme unserer Zeit antwortet. 

Bessere Welt Info unterstützt liberale und progressive Bewegungen und möchte ihnen hier eine Plattform für Austausch, Vernetzung und Weiterentwicklung bieten. Darüber hinaus haben wir uns auch ausführlich mit dem zunehmenden Rechtsruck in Deutschland und Österreich oder dem aufstrebenden Rechtspopulisten Herbert Kickl beschäftigt. Wir bieten allerdings auch umfassende Ressourcen zu politischer Bildung, Demokratie, Menschenrechte oder sozialer Gerechtigkeit an. 

Autor: Maximilian Stark 20.02.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0

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