Steadfast Defender 2024
➡️ Steadfast Defender 2024 - Was passiert beim NATO-Großmanöver?
Vom 22. Januar bis 31. Mai 2024 findet das NATO-Großmanöver Steadfast Defender statt. Speziell wird die Verteidigung gegen einen Angriff Russlands auf ein NATO-Land geübt – die russische Föderation hat dies bereits als Provokation öffentlich kritisiert. Mit über 90.000 Soldaten ist es das größte Manöver dieser Art seit dem Kalten Krieg.
Deutschland stellt allein 10.000 Soldaten und führt zudem eine eigene Übung unter dem Namen Quadriga 2024 durch. Trainiert werden die Alarmierung, Verlegung und Kampfhandlungen der Bundeswehr. Vom Generalinspektor der Bundeswehr wird sie als „die erste Übung der Bundeswehr, bei der die Verteidigung der NATO-Ostflanke mit der Rolle Deutschlands als Dreh- und Angelpunkt für die Verteidigung Europas“ beschrieben.
Auch Polen hält ein eigenes Manöver mit dem Namen Dragon-24 ab - dort spricht man sehr direkt von einer militärischen Konfrontation mit Russland. Daneben finden noch weitere Übungen statt, beispielsweise Crystal Arrow unter der Führung Litauens, das britische Manöver Joint Warrior 24-1 oder Brave Warrior 24 in Ungarn, von den USA, Italien und Kroatien.
Auf unserer Schwesterseite Better World Info finden sich viele englische Beiträge zu Steadfast Defender.
Kritische Perspektive auf Steadfast Defender
An Steadfast Defender sind 50 Schiffe, 80 Militärflugzeuge und 1.100 Kampffahrzeuge beteiligt – unter anderem schwere Panzer, Flugzeugträger und F-35-Jets, die auch Atomwaffen transportieren können. Der Schaden für das Klima und die verursachten CO2-Emissionen werden enorm sein.
Doch auch der menschliche Schaden wäre hoch. Denn sollte der Ernstfall eintreten, der das Szenario für diese Übung bietet, wäre es fatal – nicht nur für Europa. Denn am Manöver sind, mit Frankreich, Großbritannien und den USA, drei Atommächte beteiligt; auch Deutschland ist mit seiner nuklearen Teilhabe dabei. Russland auf der anderen Seite verfügt ebenfalls über viele Atomwaffen.
Im Falle eines Krieges könnte es also auch zum Einsatz von Atomwaffen kommen. Die Übung mit F-35-Jets liefert ernsthafte Indizien dafür. Schon lange wird das Bedrohungsszenario in Politik und Medien aufgebaut. Eine militärische Konfrontation mit Russland scheint unausweichlich. Die Zeichen in Europa stehen auf Rüstung, Militarisierung und Abschottung. Die Folge ist eine Gewalteskalation statt einer nachhaltigen und friedvollen Sicherheitspolitik.
Und natürlich ist die Lage nicht einfach. Russland hat mit seinem Angriff auf die Ukraine ein Land ins Chaos gestürzt. Bis Dezember 2023 sind 10.191 ukrainische Zivilisten getötet worden, ganze Städte sind zerbombt und der Krieg in einem anstrengenden Stellungskrieg verebbt (statista 2024).
Putin braucht diesen Krieg mittlerweile. Denn wäre der Fokus wieder auf das Innere gerichtet, würde unweigerlich die Frage auftauchen, wie es weitergehen soll - in einer zutiefst gespaltenen und zerrütteten Gesellschaft. Viele junge Männer haben das Land verlassen, die Wirtschaft liegt am Boden, die Armut steigt und Korruption zerfrisst das Land. Viele Kriegsheimkehrer sind traumatisiert, die russische Öffentlichkeit wird kaum über die Kriegsgeschehnisse informiert und Putin rekrutiert unerlässlich neue Soldaten – Ende 2023 war von über 300.000 getöteten und verwundeten Russen die Rede (MDR 2023).
Keine NATO-Großmanöver! - Welche Alternativen gibt es?
Doch ob auf die Aggression und Drohungen Russlands die richtige Antwort ebenfalls Militarisierung und Rüstung ist, bleibt fraglich. Aktuell dient die Wahrnehmung von Militärübungen als Auslöser für einen sich gefährlich zuspitzenden Rüstungswettlauf und politische Kriegsretorik. Bereits jetzt übersteigen die Militärbudgets der führenden Industrienationen bei weitem die Mittel für Soziales, Gesundheit, Bildung oder Umweltschutz um ein Vielfaches.
Um Sicherheit und Frieden in Europa zu gewährleisten, sollten alternative Ansätze zur Rüstung und Militarisierung verfolgt werden. Ein Schlüsselaspekt besteht in der verstärkten Nutzung von Diplomatie und Dialog, um politische Spannungen abzubauen und Konflikte zu lösen. Dies erfordert den Erhalt offener Kommunikationskanäle zwischen verfeindeten Staaten und die gemeinsame Suche nach gewaltfreien Lösungen. Initiativen wie Sicherheit neu denken, Soziale Verteidigung oder das Netzwerk Friedenskooperative setzen sich für eine Friedenspolitik in Deutschland ein.
Eine weitere strategische Maßnahme in dem Zusammenhang ist die Förderung multilateraler Zusammenarbeit, sei es innerhalb der Europäischen Union, der Vereinten Nationen oder anderer internationaler Organisationen wie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Gemeinsame Strategien zur Konfliktprävention und Friedenssicherung könnten auf dieser Grundlage entwickelt werden.
Zu so einer Grundhaltung hatte man sich im Rahmen der Sicherheitscharta der OSZE eigentlich bereits 1999 geeinigt – allerdings bislang mit mäßigem Erfolg. Auch im Friedensgebot des Grundgesetzes und der UNO-Charta hat man sich zu internationaler Zusammenarbeit, Friedenssicherung und Abrüstung verpflicht. Gegen diese Prinzipien verstoßen die NATO-Großmanöver.
Die Investition in Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Bildung muss erhöht werden, denn sie trägt dazu bei, die zugrunde liegenden Ursachen von Konflikten zu adressieren und eine stabilere soziale und wirtschaftliche Grundlage für langfristigen Frieden zu schaffen.
Statt auf Aufrüstung zu setzen, könnten gemeinsame Anstrengungen zur Abrüstung und Rüstungskontrolle unternommen werden, sei es durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen wie dem Atomwaffensperrvertrag, die UN-Waffenkonvention oder den INF-Vertrag, der leider 2019 von den USA ausgesetzt wurde.
Bessere Welt Info versucht, einen unabhängigen Info-Leitfaden zur Militärübung Steadfast Defender 2024 bereitzustellen und kritische Hintergründe und Zusammenhänge aufzuzeigen. Wir stehen für Frieden, Diplomatie und Dialog – gegen Militarisierung und Aufrüstung.
Dazu lassen sich auch weiterführende Beiträge finden, beispielsweise zur NATO-Osterweiterung, Defender 2020, den US-Atomwaffen in Büchel, dem Atomkriegsmanöver Steadfast Noon, dem Future Combat Air System (FCAS), dem JAPCC in Kalkar und der Klimakrise.
Autor: Maximilian Stark 08.02.24, lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0
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