Internationale Gesundheitsvorschriften - IGV

Eine Flagge der WHO an einem Mast
Wiki | United States Mission Geneva - CC BY 2.0

➡️ Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV) – Reformen und Kritik

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) sind rechts-verbindliche Vorschriften, die erstmals 1969 von der WHO eingeführt wurden. 196 Länder, einschließlich der 194 WHO-Mitgliedsstaaten, haben sich verpflichtet, diese Vorschriften umzusetzen, um die internationale Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, zu kontrollieren und darauf im öffentlichen Gesundheitswesen zu reagieren.

Die Mitglieder des IGV-Notfallausschusses werden entsprechend der Art der Krankheit und des Ereignisses ausgewählt. Alle von ihnen herausgegebenen Empfehlungen sind vorübergehend und müssen alle drei Monate überprüft werden. Die IGV fordern von den Ländern, dass sie Kapazitäten aufbauen und aufrechterhalten, um Vorfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu erkennen, zu bewerten, zu melden und darauf zu reagieren. Sie decken eine Vielzahl gesundheitlicher Notfälle ab, darunter Infektionskrankheiten sowie chemische und radiologische Ereignisse, und sind nicht auf eine spezifische Krankheit beschränkt.

Die Vorschriften wurden zuletzt im Jahr 2005 überarbeitet, als Reaktion auf den SARS-Ausbruch 2002. Diese Überarbeitungen erweiterten den Anwendungsbereich der Vorschriften auf bestehende, neue und wiederkehrende Krankheiten. Eine neue Vorgabe verpflichtet Staaten, die WHO über jedes Vorfall zu informieren, der das Potenzial hat, einen internationalen Gesundheitsnotstand auszulösen.

Zu den Kernkapazitäten des IGV gehören:

  • Überwachung und Bewertung der Gesundheitssituation: Krankheitsausbrüche und Gesundheitsrisiken zu überwachen, zu bewerten und frühzeitig zu erkennen.
  • Berichterstattung: Informationen über Gesundheitsnotfälle schnell und effektiv an die nationalen und internationalen Gesundheitsbehörden zu melden.
  • Risikobewertung: Die Risiken für die öffentliche Gesundheit angemessen zu bewerten und Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen.
  • Reaktion auf Notfälle: Adäquate Maßnahmen zur Bekämpfung von Gesundheitsnotfällen zu planen, umzusetzen und zu koordinieren.
  • Laboratorische Kapazitäten: Labortests zur Identifizierung von Krankheitserregern durchzuführen und Laborergebnisse effektiv zu nutzen.
  • Kommunikation: Klar und wirksam mit der Öffentlichkeit, den Medien und anderen relevanten Interessengruppen zu kommunizieren.
  • Rechtsrahmen: Die Schaffung von Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien, die die Umsetzung der IGV unterstützen und sicherstellen.
  • Ressourcen: Die Bereitstellung von ausreichenden finanziellen, personellen und materiellen Gütern, um die Kernkapazitäten zu unterstützen und aufrechtzuerhalten.

 

Eine Statistik zu den globalen Pandemien der letzten Jahre
Fallzahl und Todesopfer ausgewählter Virusausbrüche im Zeitraum von 1967 bis 2022 | statista 2024

Wie effektiv war das IGV bei der Bewältigung globaler Gesundheitsnotfälle?

Die WHO stand bei der Bewältigung globaler Gesundheitsnotfälle in den letzten Jahren vor erheblichen Herausforderungen. Zu den Krisen zählten unter anderem Ausbrüche von Schweinegrippe, Ebola, Zika, COVID-19 und Affenpocken.

Während dieser Krisen variierte die Wirksamkeit des IGV. Es gab Erfolge bei der Koordination internationaler Bemühungen und dem Austausch von Informationen. Dennoch wurden die Vorschriften aufgrund ihrer begrenzten Durchsetzbarkeit, verzögerten Berichterstattung und schwachen Reaktionsmaßnahmen kritisiert.

Insbesondere die Handhabung der westafrikanischen Ebola-Epidemie durch die WHO führte zu einer erneuten Überprüfung der IGV. Bis 2015 konnten 127 der 196 Unterzeichnerländer die im Abkommen festgelegten Standards nicht erfüllen. Berichte von hochrangigen Gremien identifizierten die größten Herausforderungen:

  • Begrenzte Ressourcen in vielen Ländern, insbesondere in Entwicklungsländern.
  • Ungleichheiten im Gesundheitssystem zwischen Ländern.
  • Politische Hindernisse und unterschiedliche Prioritäten.
  • Mangelnde Koordination und Zusammenarbeit zwischen Akteuren.
  • Probleme mit Transparenz und rechtzeitiger Berichterstattung.
  • Fehlende Infrastruktur und Zugang zu Gesundheitsdiensten.
  • Schwierigkeiten bei der Kommunikation und im Vertrauen der Öffentlichkeit.
  • Die Auswirkungen der Globalisierung und Reisetrends auf die Ausbreitung von Krankheiten.

Die COVID-19-Pandemie hat weitere Lücken in der globalen Vorbereitung, Reaktion und Zusammenarbeit offengelegt. Rechts- und Gesundheitsexperten sowie verschiedene Mitgliedstaaten haben daraufhin eine Überprüfung und Stärkung des Rahmenwerks gefordert.

Kritiker betonen immer wieder die Gefahr der Politisierung von Krankheitsausbrüchen und warnen vor der engen Beziehung zwischen der WHO und der Pharmaindustrie. Diese beiden Faktoren tragen ebenso zu einem langsamen Handeln und mangelnder Umsetzung der Vorgaben bei. Weitere Bedenken umfassen die unzureichende Unterstützung für Länder mit niedrigem Einkommen, mangelnde Transparenz und eine unfaire Verteilung von Ressourcen.

Obwohl es Raum für Verbesserungen in Bezug auf die Wirksamkeit der IGV gibt, haben Fehlinformationen, sensationsgetriebene Nachrichten und Hysterie in den sozialen Medien zu einer übermäßig kritischen Rhetorik geführt. Dies wird besonders deutlich vor dem Hintergrund des Schweigens der WHO und der Mainstream-Medien.

Die Vorwürfe, dass die WHO versuche, die Macht zu zentralisieren und die nationale Souveränität zu untergraben, sind unbegründet. Angesichts der Tatsache, dass alle Mitgliedsstaaten vor wesentlichen Änderungen zustimmen müssen, können diese Behauptungen sicherlich als bloße Verschwörungstheorien abgetan werden.

 

Eine Weltkarte zur Ausbreitung des Covid-Virus
Unsplash | Martin Sanchez

Welche Reformen wurden zur Stärkung der IGV vorgeschlagen?

Experten sind sich einig, dass die nächste Pandemie unvermeidlich ist. Daher sind gemeinsame Bemühungen zur Stärkung der Gesundheitssicherheit von entscheidender Bedeutung. Es wurden verschiedene Reformvorschläge unterbreitet, darunter die Etablierung eines globalen Gesundheitsnotfallpersonals, eine Aufstockung der Mittel für die Gesundheitsinfrastruktur in Entwicklungsländern und die Schaffung eines Rahmens für Compliance und Rechenschaftspflicht.

Weitere Vorschläge zielen darauf ab, die Nutzung von Technologie zur Überwachung und Berichterstattung über Krankheiten zu verbessern, die Befugnisse der WHO zur unabhängigen Überprüfung von Ausbruchsberichten zu stärken und klare und zeitnahe Prozesse für die Meldung von Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit von internationaler Bedeutung einzuführen.

In der Vergangenheit haben Ungleichheiten bei den Ressourcen und ein Machtgefälle zwischen Ländern mit hohem und niedrigem Einkommen bedeutende Veränderungen behindert. Für die Zukunft ist es entscheidend, sicherzustellen, dass die IGV auf gerechten Grundlagen beruhen, Rechte und Pflichten sorgfältig koordiniert werden, Vorteile und Lasten gerecht verteilt sind, nationale und globale Interessen sorgfältig abgewogen werden und sowohl kurz- als auch langfristige Hilfe gewährt wird.

Neben Reformen wurde der neue Pandemievertrag der WHO als Strategie für globale Gesundheitssicherheit, Finanzierung, Krankheitsüberwachung, Impfgerechtigkeit, globale Zusammenarbeit und Transparenz vorgeschlagen.

Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um zu verhindern, dass sich das weitverbreitete Leid, das wir während der Covid-19-Pandemie erlebt haben, wiederholt. Internationale Zusammenarbeit, Vorsorge und die Stärkung unserer Pandemie-Reaktion sind Schlüsselelemente zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.

Autorin: Rachael Mellor 18.04.24 lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0

Weitere Informationen zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften findest du unten ⬇️

Datenschutzinformation
Der datenschutzrechtliche Verantwortliche (Dr. Norbert Stute, Österreich würde gerne mit folgenden Diensten Ihre personenbezogenen Daten verarbeiten. Zur Personalisierung können Technologien wie Cookies, LocalStorage usw. verwendet werden. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: