Eine Plastikskulptur vor dem UN-Gebäude in Genf
Flickr | UNEP - CC BY-NC-SA 4.0

Das globale ➡️ UN Plastikabkommen – Die Menschen gegen die Plastik- und Öl-Industrie

Die globale UN- Plastik-Konvention ist ein völkerrechtlich verbindliches internationales Abkommen zur Beendigung der Plastikverschmutzung. Sie wurde erstmals im März 2022 vorgeschlagen, als 175 Staaten auf der UN-Umweltversammlung eine Resolution unterzeichneten, um ein entsprechendes Abkommen auszuarbeiten. Die Verhandlungen stocken jedoch seit Jahren aufgrund von Meinungsverschiedenheiten.

Die letzte Verhandlungsrunde fand vom 5. bis 14. August 2025 in Genf, Schweiz, statt. Zu den Hauptzielen gehören die Verringerung der Plastikproduktion, die Verbesserung des Recyclings sowie die Förderung alternativer Materialien wie Bioplastik.

Laut einem Bericht des Weltwirtschaftsforums von 2016 wird bei gleichbleibendem Trend prognostiziert, dass ohne Gegenmaßnahmen die Ozeane bis 2050 mehr Plastik als Fische enthalten werden. Die Plastikproduktion hat sich seit 1964 verzwanzigfacht, und jedes Jahr entstehen mittlerweile 360 Millionen Tonnen Plastikmüll. Nur 9 % davon werden effektiv recycelt. Ein Drittel landet in empfindlichen Ökosystemen wie den Weltmeeren. Bis 2060 könnte sich die Plastikproduktion sogar verdreifachen.

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Unsere ausführlichen Artikel zum Thema findest du auf ➡️ Telepolis: Teil 1 und Teil 2

Unsere englischen Posts zum gescheiterten UN-Plastikabkommen findest du hier: Twitter, Bluesky, Facebook, Instagram und LinkedIn

Dieses Abkommen ist unsere größte Chance, das gewaltige Problem der Plastikverschmutzung weltweit und über den gesamten Lebenszyklus – von der Produktion bis zur Entsorgung – anzugehen.

Zu den verhandelten Bestimmungen gehören:

  • Reduzierung der Herstellung und des Verbrauchs primärer Kunststoffpolymere auf ein nachhaltiges Maß.
  • Abschaffung und Einschränkung unnötiger, vermeidbarer oder problematischer Kunststoffe, Chemikalien und Produkte.
  • Verbesserung der globalen Abfallwirtschaft – Beendigung des Eintrags von Plastik in die Natur.
  • Gerechter Übergang für betroffene Gemeinschaften.
  • Verpflichtung der Vertragsparteien, über Produktion, Importe und Exporte primärer Kunststoffpolymere zu berichten.
  • Verbesserte Recyclingverfahren und ein massiver Ausbau globaler Recyclingsysteme.

Hier findest du unseren ausführlichen Artikel (Teil 1) zum Thema auf ➡️ Telepolis.

Auf unserer englischen Partnerseite Better World Info findest du eine Fülle von Beiträgen zum ➡️ Global Plastics Treaty.

Der Plenarsaal im UN-Gebäude in Genf
Flickr | UNEP - CC BY-NC-SA 4.0

Genf – Letzte Chance für ein starkes Abkommen

UN-Verhandlungen beruhen auf dem Konsensprinzip. Alle teilnehmenden Länder (über 170) müssen den Bedingungen zustimmen, bevor das Abkommen angenommen werden kann. Widerstand auch nur einer kleinen Minderheit kann die Einigung blockieren.

Bisher gab es neun Verhandlungsrunden – keine davon führte zu einem Konsens. Hauptstreitpunkt ist die Aufnahme verbindlicher Obergrenzen für die Plastikproduktion.

Erdöl- und Erdgasproduzenten wie Saudi-Arabien, Russland und Iran blockieren Fortschritte, da sie Produktionsziele ablehnen und den Fokus lieber auf Abfallwirtschaft legen.

Wenig überraschend hat sich unter der Präsidentschaft von Trump auch die USA stark dafür eingesetzt, dass Länder Produktionslimits ablehnen.

Der 14. August ist die Frist, bis zu der eine Einigung erzielt werden muss – doch die Fortschritte sind quälend langsam. Nach drei Jahren sind noch viele Fragen ungelöst, da es den Ländern schwerfällt, gemeinsame Positionen zu finden.

Panamas Verhandlungsführer Juan Monterrey Gomez kritisierte die Blockierer scharf: „Wir können uns nicht aus dieser Krise herausrecyceln … wenn das Gift bereits in uns ist.“

Zu den Staaten, die sich für ein ambitioniertes Abkommen einsetzen, zählen Kanada, Ruanda, Norwegen, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Japan und Kenia.

Eine Fridays for Future Demo in Berlin
Wiki | FridaysForFuture Deutschland - CC BY 2.0

Greenwashing & Lobbyismus

Konzern-Greenwashing wird seit Jahrzehnten eingesetzt, um die Öffentlichkeit von der Realität schmutziger Geschäfte abzulenken und Industrien zu ermöglichen, ungestraft weiter Profite zumachen. CO₂-Kompensationen und Recycling werden als Lösungen für die Plastikkrise angepriesen – ein Vorwand, um die Plastikproduktion ungehindert fortzuführen.

Klimawandelleugnung und das Zurückhalten wichtiger wissenschaftlicher Erkenntnisse haben es der Erdölindustrie ermöglicht, den Ausbau fossiler Brennstoffprojekte ungebremst voranzutreiben. Unternehmen wie ExxonMobil, Shell und BP kennen dieses schmutzige Geheimnis bereits seit den 1970er-Jahren – lange bevor die Öffentlichkeit über die Folgen einer unkontrollierten fossilen Energieproduktion informiert wurde.

Die Plastikkrise und die Klimakrise sind untrennbar miteinander verbunden, da synthetische Kunststoffe aus Erdöl, Erdgas oder Kohle gewonnen werden. Der schrittweise Ausstieg aus fossilen Brennstoffen im Energiesektor hat viele Öl- und Gasunternehmen dazu veranlasst, ihren Fokus auf die Plastikindustrie zu verlagern, neue Produktionsstätten zu errichten und die Herstellung hochzufahren. Folglich sind fossile Brennstoffkonzerne auch fest in den Delegationen zum Plastikabkommen vertreten.

Bei den Gesprächen in Busan (Südkorea) 2024 verschaffte sich die fossile Lobby einen Rekordzugang und konnte ihre bewährten Taktiken der Einflussnahme einsetzen – darunter Blockieren, Ablenken und das Verbreiten von Fehlinformationen. Vertreter von ExxonMobil, Dow, BASF und Sabic waren Teil der Lobby, die 6 % aller registrierten Teilnehmer ausmachte – mehr als die Zahl der indigenen Vertreter.

Dies ist nicht das erste Mal, dass die fossile Brennstofflobby erheblichen Einfluss auf UN-Verhandlungen ausübt. Ihre langjährige Präsenz auf den COP-Klimakonferenzen wird von Wissenschaftlern, Experten und Aktivisten stark kritisiert, die ihre Beteiligung ablehnen und das Vertrauen in die Fähigkeit der COP, wirksame Maßnahmen umzusetzen, verloren haben.

Auf dem COP29-Gipfel in Baku 2024 erhielten 1.800 Lobbyisten der fossilen Industrie Zugang – mehr als die Delegierten der zehn vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder zusammen.

In Genf versammelten sich Greenpeace und andere Umweltorganisationen, um ein starkes Abkommen zu fordern, mit dem Slogan: „Das Plastikabkommen steht nicht zum Verkauf“. Sie verlangen ein Ende des Einflusses petrochemischer Konzerne auf die Verhandlungen.

Eine Grafik zu Plastik in den Weltmeeren
statista 2024

Warum brauchen wir eine Plastik-Konvention?

Plastik stellt eine massive Bedrohung für unsere Gesundheit, unsere Umwelt und unsere Wirtschaft dar. Acht Milliarden Tonnen Plastik verschmutzen inzwischen den gesamten Planeten – vom höchsten Berg bis zum tiefsten Meeresgraben.

Gesundheit -

Mehr als 16.000 Chemikalien werden in Kunststoffen verwendet, viele davon sind giftig und stehen im Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen wie Krebs, hormonellen Störungen und Beeinträchtigungen der Fortpflanzung. Föten, Säuglinge und Kleinkinder sind den größten Risiken ausgesetzt. Geburtsfehler, eingeschränktes Lungenwachstum und Krebs im Kindesalter wurden bereits dokumentiert.

Plastik zersetzt sich zu Mikroplastik. In einer aktuellen Studie wurden bei 80 % der getesteten Personen Mikroplastik im Blut nachgewiesen. Es gelangt über Wasser, Nahrung und Atmung in den Körper. Mikroplastikpartikel wurden zudem in Gehirn, Muttermilch, Plazenta, Sperma und Knochenmark gefunden. Mehr als jeder dritte Fisch, der für den menschlichen Verzehr gefangen wird, enthält inzwischen Plastik.

Umwelt -

Jedes Jahr gelangen 11 Millionen Tonnen Plastik in unsere Ozeane. Über 100.000 Meerestiere und eine Million Vögel sterben jährlich an den Folgen der marinen Plastikverschmutzung.

An Land beeinträchtigt Plastikverschmutzung die Bodenqualität und Biodiversität. Mikroplastik verändert die Bodenstruktur, reduziert die Wasserspeicherung und hemmt das Pflanzenwachstum. Plastik kontaminiert Nutzpflanzen und Vieh – und gelangt so in unsere Nahrungskette.

Plastikmüll zerstört Lebensräume und stört die Nahrungsketten von Tieren, bedroht das Überleben zahlreicher Arten und trägt massiv zum Verlust der biologischen Vielfalt bei.

Über 99 % der Kunststoffe werden aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Die Produktion und offene Verbrennung von Plastik setzt giftige Chemikalien frei und verschlechtert die Luftqualität. Die Herstellung von nur einer Tonne Plastik verursacht 2,5 Tonnen Kohlendioxid.

Setzt sich die Produktion in diesem Tempo fort, wird die Plastikherstellung bis 2040 dieselbe Menge Treibhausgase verursachen wie 615 Kohlekraftwerke.

Wirtschaft -

Plastikverschmutzung ist teuer! 2024 wurden die sozialen und ökologischen Folgekosten auf 300–460 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt. Einkommensschwache Länder sind überproportional den hohen Kosten ausgesetzt.

Zerstörte Naturräume schaden dem Tourismus erheblich: geringere Einnahmen, weniger Attraktivität und wirtschaftliche Verluste für lokale Gemeinschaften. Verschmutzte Strände und Gewässer gehören zu den größten Problemen und kosten tourismusabhängige Volkswirtschaften jährlich Milliarden – allein für Einnahmeausfälle und Reinigungsmaßnahmen.

Einst als billiges Material angesehen, gilt Plastik heute aufgrund seiner langfristigen Schäden als extrem teuer. Die Ellen MacArthur Foundation schätzt, dass allein die Beseitigung der Meeresplastikverschmutzung 150 Milliarden US-Dollar kosten würde.

Der weltweite Verlust an Wirtschaftsleistung (BIP) durch Meeresplastik wurde 2018 auf 7 Milliarden US-Dollar geschätzt. Plastikmüll aus der Fischerei ist die tödlichste Form mariner Plastikverschmutzung – jährlich gelangen etwa 640.000 Tonnen davon ins Meer.

Die wirtschaftlichen Schäden sind gewaltig, global und schwer zu beziffern. Am stärksten betroffen sind die Tourismus-, Fischerei- und Landwirtschaftsbranchen – ironischerweise zählen sie selbst zu den größten Verursachern.

Weitere Kosten entstehen durch Abfallwirtschaft, Gesundheitsversorgung und Umweltsanierung. Die sozialen Kosten sind noch höher, da die Plastikkrise mittlerweile den Fortschritt bei den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung bremst.

„Plastikverschmutzung kennt keine Grenzen, und kein Land kann diese Krise allein lösen“ – WWF

Autorin: Rachael Mellor, Übersetzung: Maximilian Stark, 14.08.25, Update 16.08.25 – lizenziert unter CC BY-SA 4.0

Für weiterführende Informationen zur UN-Plastik-Konvention siehe unten ⬇️