IAA Proteste #BlockIAA

Eine Demo gegen IAA
Flickr | campact - CC BY-NC 2.0

➡️ IAA Proteste und #BlockIAA

Die Internationale Automobilausstellung (IAA) 2025 in München vom 9. bis 12. September ist ein Schauplatz, der regelmäßig die Gemüter erhitzt. Während die Automobilindustrie ihre neuesten Innovationen präsentiert und sich als Vorreiterin einer „grünen Zukunft“ inszeniert, gehen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen das aus ihrer Sicht fortgesetzte Greenwashing der Branche zu protestieren. Sie werfen den Konzernen vor, den Klimawandel mit kosmetischen PR-Maßnahmen kleinzureden und weiterhin auf klimaschädliche Geschäftsmodelle zu setzen.

Aktivisten fordern eine Verkehrswende und mehr Nachhaltigkeit. Sie kritisieren, dass trotz der Versprechen für mehr Elektromobilität weiterhin SUVs und andere spritfressende Modelle im Mittelpunkt stehen. Die Frage steht im Raum: Wie ernst meint es die Industrie mit der grünen Zukunft?

Die Zahlen sprechen eine ambivalente Sprache: Tatsächlich erlebt die Elektromobilität in Deutschland einen deutlichen Aufschwung. Allein im ersten Halbjahr 2025 wurden rund 248.700 E-Autos neu zugelassen, ein Plus von 35 % im Vergleich zum Vorjahr. Ihr Anteil an den Neuzulassungen liegt inzwischen bei fast 18 %. Die Produktion von batterieelektrischen Fahrzeugen erreichte mit 635.000 Einheiten in den ersten sechs Monaten einen historischen Höchststand, was einem Viertel der gesamten Autoproduktion entspricht. Europaweit stieg der Markt für reine E-Autos im selben Zeitraum um 34 %. Dennoch dominiert nach wie vor das SUV-Segment – auch im Bereich der Elektrofahrzeuge. Kompakte, erschwingliche Modelle, die eine breite Verkehrswende tatsächlich ermöglichen könnten, sind auf der IAA weiterhin Mangelware.

Zudem verfehlt der Verkehrssektor in Deutschland seit Jahren systematisch seine Klimaziele. 2023 überschritt der Sektor sein erlaubtes Budget um rund 13 Millionen Tonnen CO₂ und auch 2024 blieb die Reduktion bei mageren 1,4 %, weit entfernt von erforderlichen Trends. Prognosen zeigen, dass bis 2030 eine gigantische Lücke von bis zu 210 Millionen Tonnen CO₂ entstehen wird, sofern nicht dringend nachgesteuert wird (Projection Report 2023).

Eine Statistik zum Individualverkehr in Deutschland
statista 2024

Fehlende Klimapolitik und notwendiger Protest

Die Politik bleibt zögerlich: Die Einstufung sektoraler Ziele wurde gelockert, sektorenübergreifende Kompensation erlaubt – ein Manöver, das die Defizite im Verkehrsbereich vernebelt, aber nicht behebt. Gleichzeitig gab es eine drastische Kürzung bei der Förderung von E-Fahrzeugen, was die ohnehin schwächelnde Nachfrage weiter bremste. Der Thinktank Agora Verkehrswende warnt offen: Wird erst 2030 gehandelt, kostet das rund 500 Milliarden Euro zusätzlich – ohne dass die Klimaziele erreichbar bleiben.

Die Autoindustrie reagiert nicht minder defensiv. Statt sich klar zur vollständigen Dekarbonisierung zu bekennen, pocht sie auf Ausnahmen, flexiblere CO₂-Ziele und potenziell verlängerte Fristen für den Ausstieg aus Verbrennern – im Zweifel auf Kosten des Klimaschutzes. Spitzenmanager wie BMW-Chef Zipse kritisieren einseitige Regulierungen, ohne jedoch glaubwürdige Konzepte für eine echte Energiewende zu präsentieren

Genau hier setzen die Proteste an. Die Aktivisten kritisieren, dass die IAA zwar mit grünen Schlagworten wirbt, gleichzeitig aber ein überholtes Mobilitätsmodell fortschreibt: große, schwere Autos für den Individualverkehr, deren Produktion enorme Mengen an Energie und Rohstoffen verschlingt. Unter dem Motto „Wohnraum statt Hubraum“ organisieren Gruppen wie Extinction Rebellion spektakuläre Aktionen. Im Luitpoldpark entsteht während der Messe ein „Mobilitätswendecamp“, in dem Workshops, Diskussionen und alternative Konzepte vorgestellt werden. Höhepunkte sind die großen Fahrrad- und Laufdemos, die am 13. September quer durch die Münchner Innenstadt ziehen sollen.

Die Protestierenden fordern eine umfassende und nachhaltige Verkehrswende: mehr Investitionen in öffentlichen Nahverkehr, eine konsequente Förderung von Fuß- und Radverkehr, soziale Gerechtigkeit bei der Mobilität und demokratische Mitbestimmung statt industriegetriebener Politik. Sie argumentieren, dass nachhaltige Mobilität nicht allein durch neue Antriebstechnologien erreicht wird, sondern durch ein grundlegendes Umdenken – weg vom autozentrierten Individualverkehr, hin zu einer stadt- und klimafreundlichen Infrastruktur.

Die IAA versucht, sich neu zu erfinden und präsentiert sich als Plattform für nachhaltige Innovationen. Doch die glitzernden Messeständen sind eher ein grünes Feigenblatt als der Beginn einer echten Transformation. In einer Zeit, in der Deutschland seine Klimaziele verfehlt, die Emissionen im Verkehrssektor kaum sinken und soziale Ungleichheiten in der Mobilität zunehmen, sind die Proteste gegen die IAA mehr als symbolisch. Sie sind ein notwendiger Stachel im Fleisch einer Industrie, die sich zwischen alter Wachstumslogik und nachhaltiger Zukunft entscheiden muss – und damit zum Spiegel einer Gesellschaft, die um die Richtung ihrer Mobilität ringt.

Autor: Maximilian Stark 08.09.25, lizenziert unter CC BY-SA 4.0

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